Mini­ka­me­ras & Co. – Beschluss des OLG Köln zu ille­ga­len Spionagegeräten

Aus­gangs­punkt des Ver­fah­rens, in wel­chem der 1. Straf­se­nat des OLG Köln mit Beschluss vom 09.04.2020 (Az. 1 RVs 74/20) ent­schie­den hat, war die Revi­si­on gegen ein Urteil des Amts­ge­richts (AG) Bonn. Die­ses hat­te die Revi­si­ons­füh­re­rin in der ange­foch­te­nen Ent­schei­dung wegen des vor­sätz­li­chen Besit­zes einer nach § 90 TKG ver­bo­te­nen Sen­de­an­la­ge zu einer Geld­stra­fe von 20 Tages­sät­zen i.H.v. je 21 € ver­ur­teilt. Anlass für die Ver­ur­tei­lung war ein Täu­schungs­ver­such im Zusam­men­hang mit einer theo­re­ti­schen Füh­rer­schein­prü­fung, die, wie das OLG Köln fest­stellt, für die spä­te­re Ange­klag­te wegen feh­len­der Alpha­be­ti­sie­rung und nicht vor­han­de­ner Sprach­kennt­nis­se eine unüber­wind­ba­re Hür­de war. Aus die­sem Grund fass­te die Ange­klag­te den Ent­schluss, die Prü­fung mit­hil­fe tech­ni­scher Hilfs­mit­tel und der Hil­fe Drit­ter mani­pu­la­tiv zu bestehen. Kon­kret erwarb sie hier­für eine aus meh­re­ren Kom­po­nen­ten bestehen­de Aufnahme- und Sen­de­ap­pa­ra­tur für Vide­os, die sie “mit Unmen­gen von Kle­be­band unter ihrem Ober­teil, das aus einem dün­nen Stoff bestand” befes­tig­te. Durch ein etwa 1 mm gro­ßes Loch in der Front­sei­te des Ober­teils soll­te die Appa­ra­tur in der Lage sein, die Fra­gen der theo­re­ti­schen Prü­fung auf­zu­neh­men und über WLAN an einen Hel­fer zu über­mit­teln. In der Prü­fung kam es dann jedoch, wie es kom­men muss­te, und die Ange­klag­te flog – wie gleich drei wei­te­re Prüf­lin­ge am glei­chen Tag – auf, weil der Fahr­erlaub­nis­prü­fer die Appa­ra­tur entdeckte.

Im anschlie­ßen­den Straf­pro­zess ging das AG Bonn davon aus, dass die Appa­ra­tur der Ange­klag­ten theo­re­tisch in der Lage gewe­sen sei, unbe­merkt Auf­nah­men von Per­so­nen anzu­fer­ti­gen, und die Ange­klag­te mit dem Besitz des Gerä­tes des­halb gegen das Ver­bot des Miss­brauchs von Sen­de­an­la­gen nach § 90 TKG ver­sto­ßen habe. Hier­aus erge­be sich wie­der­um ein Ver­stoß gegen die Straf­vor­schrift des § 148 Abs. 1 Ziff. 2. lit. a) TKG, der für Ver­stö­ße gegen § 90 TKG einen Straf­rah­men von einer Frei­heits­stra­fe bis zu zwei Jah­ren oder eine Geld­stra­fe eröff­net. Das OLG Köln hat­te im Rah­men der Revi­si­on nun­mehr die­se Ent­schei­dung zu über­prü­fen und dabei ins­be­son­de­re zu klä­ren, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine Sen­de­an­la­ge zum unbe­merk­ten Auf­neh­men des Bil­des eines ande­ren “bestimmt” und damit ver­bo­ten ist. Aus die­ser Fra­ge ergibt sich auch die Rele­vanz der Ent­schei­dung für Her­stel­ler und Händ­ler, denn bei § 90 TKG han­delt es sich um ein abs­trak­tes Gefähr­dungs­de­likt. Das bedeu­tet, es kommt nicht auf eine kon­kre­te Tat­hand­lung, z.B. unbe­fug­te Auf­nah­men mit dem Gerät, an, son­dern schon der blo­ße Besitz und auch Her­stel­lung, Ver­trieb und Ein­fuhr sind ver­bo­ten. Unter­neh­men, wel­che ent­spre­chen­de Gerä­te ver­trei­ben, dro­hen jedoch nicht nur Straf­ver­fah­ren, son­dern auch Ärger mit der Bun­des­netz­agen­tur, die streng gegen den Ver­trieb ent­spre­chen­der Gerä­te vor­geht und mit Zwangs­gel­dern von bis zu 25.000€ durch­setzt.

In sei­nem Beschluss stellt das OLG Köln zunächst fest, dass das Urteil des AG Bonn nicht hin­rei­chend belegt, dass die Appa­ra­tur zum unbe­merk­ten Auf­neh­men bestimmt und damit als ver­bo­te­ne Sen­de­an­la­ge ein­zu­ord­nen ist. Die Aus­füh­run­gen des Gerichts zum Bestimmt­heits­er­for­der­nis sind dabei umfang­reich und sehr hilf­reich für Her­stel­ler und Händ­ler, die zu ihrer eige­nen Sicher­heit prü­fen soll­ten, ob von ihnen her­ge­stell­te oder ver­trie­be­ne Pro­duk­te ver­bo­ten sind. Aus Sicht des Gerichts ist eine Sen­de­an­la­ge zum Auf­neh­men bestimmt, “wenn sie von vorn­her­ein kei­nem aner­ken­nens­wer­ten Zweck, son­dern offen­sicht­lich nur dem […] heim­li­chen Anfer­ti­gen von Bild­auf­nah­men eines ande­ren dient”. Hier­bei kommt es, so das OLG Köln, nicht dar­auf an, wel­che Zweck­be­stim­mung der Ver­wen­der vor­nimmt oder wel­chen Ein­satz des Geräts er plant oder vor­nimmt. Die Zweck­be­stim­mung hat viel­mehr objek­ti­viert zu erfol­gen, wobei zu berück­sich­ti­gen ist, dass „die inkri­mi­nier­te Zweck­be­stim­mung nicht die ein­zi­ge der Sen­de­an­la­ge sein“ muss. Die Aus­le­gung, ob die Anla­ge pri­mär dem Zweck des heim­li­chen Abhö­rens bzw. Auf­neh­mens dient, hat sodann anhand der Vor­stel­lun­gen des­je­ni­gen, der sie ent­wi­ckelt, her­ge­stellt oder ver­trie­ben hat, zu erfol­gen. Hier­bei kann sowohl auf eine objek­tiv erkenn­ba­re Mani­fes­ta­ti­on der Vor­stel­lun­gen als auch auf eine beab­sich­tig­te oder sicher vor­aus­ge­se­he­ne Nut­zung der Anla­ge abge­stellt werden.

Im Ergeb­nis ist die Ent­schei­dung des OLG Köln zu begrü­ßen, da sie wei­te­re Klar­heit für Her­stel­ler und Händ­ler bringt. Sie müs­sen sich bei der Fra­ge, ob bei Sen­de­an­la­gen eine Bestim­mung zum unbe­merk­ten Abhö­ren oder Auf­neh­men vor­liegt, nicht an Vor­stel­lun­gen ihrer Kun­den bzw. der Ver­wen­der mes­sen las­sen. Im Rah­men der Beur­tei­lung kann jedoch neben objek­tiv erkenn­ba­ren Vor­stel­lun­gen, bei­spiels­wei­se durch Wer­be­aus­sa­gen oder Pro­dukt­be­schrei­bun­gen, auch eine sicher vor­aus­ge­se­he­ne Nut­zung der Anla­ge her­an­ge­zo­gen wer­den. Eine rei­ne Zweck­be­stim­mung durch Her­stel­ler oder Händ­ler von Sen­de­an­la­gen könn­te sich folg­lich ins­be­son­de­re bei evi­den­ten Miss­brauchs­fäl­len als kri­tisch erwei­sen. Ein Bei­spiel hier­für könn­te etwa die im Jahr 2017 auf­grund eines Rechts­gut­ach­tens von Ste­fan Hes­sel von der Bun­des­netz­agen­tur deutsch­land­weit vom Markt genom­me­ne Spiel­zeug­pup­pe “My fri­end Cayla” sein. Her­stel­ler und Händ­ler soll­ten also wei­ter­hin eine sorg­fäl­ti­ge Prü­fung bei ver­däch­tig­ten Gerä­ten durchführen.

Wenn Sie Fra­gen zu § 90 TKG haben oder prü­fen las­sen möch­ten, ob ein Pro­dukt vom Ver­bot erfasst sein könn­te, neh­men Sie ger­ne Kon­takt mit uns auf.

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