Die neue Marktüberwachungsverordnung (EU) 2019/1020 wirft ihre Schatten voraus und gilt ab dem 16.07.2021 in Gänze. Zeitgleich soll nach aktuellem Stand in Deutschland auch das Gesetz zur Neuordnung der Marktüberwachung in Kraft treten, das insb. die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/1020 für den nicht harmonisierten Produktbereich ins deutsche Recht übertragen soll. Über die Neuerungen, die die Verordnung (EU) 2019/1020 insbesondere für den Fernabsatz bereithält, haben wir bereits an anderer Stelle berichtet.
Am 23.03.2021 hat nun die EU-Kommission die Leitlinien für Wirtschaftsakteure und Marktüberwachungsbehörden zur praktischen Umsetzung von Artikel 4 der Verordnung (EU) 2019/1020 veröffentlicht.
Art. 4 der Verordnung (EU) 2019/1020 besagt, dass ein Produkt, das den in Absatz 5 genannten Rechtsvorschriften unterliegt, nur in der EU in Verkehr gebracht werden darf, wenn ein in der Union ansässiger Wirtschaftsakteur für dieses Produkt für die in Absatz 3 genannten Aufgaben verantwortlich ist.
Anwendungsbereich (Abschnitt 2.1 der Leitlinien)
Art. 4 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2019/1020 nennt 18 klassische “CE-Vorschriften” wie bspw. die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 über Bauprodukte, die Verordnung (EU) 2016/425 über Persönliche Schutzausrüstung, die Richtlinie 2006/42/EG über Maschinen, die Richtlinie 2009/125/EG über Ökodesign oder die RoHS-Richtlinie 2011/65/EU.
Pflichtenkreis (Abschnitt 3 der Leitlinien)
Der Pflichtenkreis des Wirtschaftsakteurs im vorgenannten Sinne ist im Wesentlichen mit dem des Einführers zu vergleichen. Nach Art. 4 Abs. 3 muss er zusammenfassend:
- Überprüfen, dass EU-Konformitätserklärung und technische Unterlagen erstellt wurden, und diese den Marktüberwachungsbehörden auf Aufforderung zur Verfügung stellen
- Die Konformitätsnachweise des Produkts und die erforderlichen Informationen und Unterlagen an die Marktüberwachungsbehörden übermitteln
- Mit den Behörden zusammenarbeiten und die notwendigen Korrekturmaßnahmen bzw. die Initiierung entsprechender Maßnahmen, sofern Gründe für die Annahme vorliegen, dass ein bestimmtes Produkt ein Risiko darstellt, gewährleisten
Anzugebende Informationen (Abschnitt 2.3 der Leitlinien)
Der vorgenannte Wirtschaftsakteur muss seinen Namen (oder eingetragenen Handelsnamen / Handelsmarke) und seine Kontaktdaten auf dem Produkt, auf der Verkaufsverpackung, auf der Verpackung für Transport und Abfertigung oder auf einem Begleitdokument (bspw. auch der Konformitätserklärung oder der Leistungserklärung) angeben.
Eine Internetadresse kann zusätzlich — aber nicht alternativ — zu einer Postanschrift angegeben werden. Hinweise wie bspw. “manufactured by”, “imported by” oder “fulfilled by” sind zwar nicht vorgeschrieben, aber zur Klarstellung der jeweiligen Rolle sinnvoll. Eine Übersetzung dieser konkretisierenden Hinweise in die jeweiligen Landessprachen ist nicht notwendig.
Keine doppelte Nennung (Abschnitt 4 der Leitlinien)
Sofern der vorgenannte Wirtschaftsakteur Hersteller oder Einführer mit Sitz in der EU ist, entsprechen die anzugebenden Daten grundsätzlich denen, die auch die jeweiligen sektorspezifischen Rechtsvorschriften vorschreiben.
Hersteller und Einführer im vorgenannten Sinne sind daher nur im Ausnahmefall dazu verpflichtet, zusätzliche Maßnahmen zur Angabe ihres Namens und ihrer Kontaktdaten zu ergreifen (die Leitlinien nennen hier als Beispiel die Ökodesign-Rechtsvorschriften).
Hinweise für die Praxis
Aufgrund des eingegrenzten Geltungsbereichs sowie vergleichbarer Pflichten, die ohnehin bereits für Hersteller und Einführer bestehen, dürfte der Anwendungsbereich verhältnismäßig begrenzt sein. Nichtsdestotrotz sollen die Behörden die Angabe der notwendigen Informationen überprüfen und sind angehalten, Korrekturmaßnahmen einzuleiten.
Relevanz dürfte Art. 4 der Verordnung (EU) 2019/1020 insbesondere für den Online-Direktvertrieb außerhalb der EU ansässiger Hersteller sowie für in der EU ansässige Fulfilment-Dienstleister sein. Für beide enthalten die Leitlinien ein Checklistenbeispiel, um den eigenen Verpflichtungen nachzukommen.
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