Importeuren und Händlern können nach Artikel 16 MDR in bestimmten Fällen Herstellerpflichten zufallen. Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein Händler oder Importeur ein Medizinprodukt unter eigenem Namen auf dem Markt bereitstellt, die Zweckbestimmung des Medizinproduktes ändert oder sonstige Änderungen an dem Produkt vornimmt, die sich auf dessen Konformität mit den geltenden Gesetzesanforderungen auswirken könnten. Ausführlich siehe dazu unsere vergangende News.
In Artikel 16 Absatz 2 MDR werden die Fälle genannt, in denen bestimmte Tätigkeiten von Importeuren und Händlern nicht als Änderungen eines Produkts im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c) gelten, die die Übereinstimmung des Produkts mit den geltenden Anforderungen beeinträchtigen könnten. In solchen Fällen übernehmen Importeure und Händler nicht die Verpflichtungen des Herstellers
Diese Fälle betreffen:
a) Bereitstellung von Informationen, Übersetzung der vom Hersteller gelieferten Informationen einschließlich der Gebrauchsanweisung (IFU), die für das Inverkehrbringen des Produkts in dem Mitgliedstaat erforderlich sind (Neuetikettierung).
b) Änderungen an der äußeren Verpackung eines bereits in Verkehr gebrachten Produkts, die für das Inverkehrbringen des Produkts in dem betreffenden Mitgliedstaat erforderlich sind (Umpackung).
Für die in Artikel 16 Absatz 2 genannten Importeure und Vertreiber gelten andere Verpflichtungen als die des Herstellers, die in Artikel 16 Absätze 3 und 4 MDR beschrieben sind.
Guidance Document MDCG 2021–26
Das Guidance Document MDCG 2021–26 (PDF) befasst sich mit relevanten Aspekten für die Wirtschaftsteilnehmer, die eine der in Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben a) und b) der Verordnungen genannten Tätigkeiten ausüben, also die Neuetikettierung und/oder Umverpackung von Produkten vornehmen.
Es gibt Hilfestellung und Antworten zu folgenden Fragen:
- Gelten Artikel 16 Absätze 2, 3 und 43 nur für Importeure und Händler oder auch für “andere natürliche oder juristische Personen”, wie in Artikel 16 Absatz 1 erwähnt?
- Gelten Artikel 16 Absätze 3 und 4 der MDR für “Legacy-Produkte”?
- Was ist bei den in Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben a) und b) genannten Tätigkeiten unter “erforderlich für das Inverkehrbringen” des Produkts in dem betreffenden Mitgliedstaat zu verstehen?
- Fällt die Aufteilung großer Mengen von Produkten in Versandbehältern in kleinere Mengen von Produkten in Verpackungen oder einzelnen Einheiten unter Artikel 16 Absatz 2?
- Welche Informationen sollten dem Hersteller gemäß Artikel 16 Absatz 4 mitgeteilt werden?
- Welche Informationen sind gemäß Artikel 16 Absatz 4 an die zuständige Behörde zu melden?
- Müssen der Hersteller und die zuständige Behörde jedes Mal benachrichtigt werden, wenn ein einzelnes Produkt oder eine Charge von Produkten neu gekennzeichnet oder neu verpackt wird?
- Unter welchen Bedingungen sollte eine Meldung an den Hersteller und die zuständige
- Behörde durchgeführt werden?
- Müssen der Hersteller und die zuständige Behörde benachrichtigt werden, wenn ein Importeur oder Händler das Umetikettieren und/oder Umverpacken einstellt?
- An welche benannten Stellen können sich Importeure und Händler wenden, um die
- Bescheinigung gemäß Artikel 16 Absatz 4 zu erhalten?
- Ist für die Neuetikettierung und/oder das Umpacken von Produkten der Klasse I und der Klasse A von In-vitro-Diagnostika auch eine Überprüfung durch eine benannte Stelle im Sinne von Artikel 16 Absatz 4 erforderlich?
- Kann der Importeur oder Händler bei der Umetikettierung und/oder dem Umpacken zusätzliche Informationen über die Chargennummer machen, während er die Neuetikettierung und/oder das Umpacken durchführt?
- Ist es im Falle einer Übersetzung der Gebrauchsanweisung erforderlich, die Originalfassung der Gebrauchsanweisung in der Verpackung aufzubewahren?
- Müssen Stellen, die Tätigkeiten zur Neuetikettierung und/oder zum Umpacken gemäß
- Artikel 16(2) der Verordnung durchführen, irgendwelche Verpflichtungen in Bezug auf Rückverfolgbarkeit und eindeutige Produktidentifizierung (UDI11) beachten?
Praktischer Nutzen des Guidance-Dokuments und Handlungsempfehlung
Hieraus lässt sich ersehen, dass die MDCG bereits sehr detailliert auf mögliche Verständnisprobleme und etwaige Sachverhalte im Licht des Artikel 16 MDR eingeht. Für Importeure und Händler dürften die Empfehlungen der MDCG daher eine wertvolle Hilfestellung darstellen, sich MDR-konform aufzustellen.
Trotzdem bleibt es essenziell, das konkrete Umetikettieren oder Umverpacken sorgfältig und einzelfallbezogen auf MDR-Passung zu prüfen. Letztlich kann nur so verhindert werden, dass der jeweilige Vorgang – ungewollt – dazu führt, dass für Importeur oder Händler Herstellerpflichten und damit einhergehende Haftungsrisiken entstehen.
zurück