Im jahrelangen Streit zwischen VW und dem vormaligen Zulieferer Prevent hat das OLG Celle mit seinem Urteil vom 08.12.2020 – 13 U 65/19 (Kart) die Streitigkeit in neue Bahnen gelenkt.
Folgendes lag dem Urteil zugrunde: der Automobilzulieferer Prevent forderte von VW eine Preiserhöhung von 25 % für die von ihnen gelieferten Produkte. Nachdem VW vergeblich versuchte bei Prevent in Erfahrung zu bringen, mit welchen Konsequenzen bei Ablehnung dieser Forderung zu rechnen sei, ging VW zunächst auf die Preisanpassung ein und kündigte sodann das Vertragsverhältnis nach wenigen Monaten. Bislang hatte VW zumeist gerichtlichen Erfolg verbuchen können. Zuletzt vor dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 05.02.2020 – U (Kart) 4/19), das eine außerordentliche Kündigung seitens VW für rechtmäßig hielt, die nach einer solchen Preiserhöhung ausgesprochen wurde.
Vor dem OLG Celle wollte VW die Wirksamkeit der Kündigung gegenüber TWB, einem Tochterunternehmen von Prevent, bestätigt wissen. Anders als es vorangehende Urteile in der Sache vermuten ließen, hielt das OLG Celle die einseitig ausgesprochene Kündigung durch VW allerdings für rechtswidrig.
Zur außerordentlichen Kündigung: Schweigen im Lieferverhältnis (k)ein wichtiger Grund?
Eine außerordentliche Kündigung ist nach Ausführungen des OLG Celle unwirksam. Für eine solche hätte es nämlich einen wichtigen Grund im Sinne von § 314 BGB gebraucht, der hier gerade nicht vorliegt. Dabei stellt das OLG – anders als das OLG Düsseldorf – fest, dass ein wichtiger Grund insbesondere nicht in dem Schweigen durch Prevent gesehen werden kann. Denn darin liegt keine konkludente Drohung mit einem Lieferstopp für den Fall, dass VW das Preiserhöhungsverlangen nicht akzeptiert hätte.
Kein ordentliches Kündigungsrecht
Auch bestand kein Recht zur ordentlichen Kündigung. Ein solches ergibt sich weder aus dem Rahmen-Liefervertrag noch aus den sonstigen Vertragsinhalten; vielmehr ist ein ordentliches Kündigungsrecht mit Ziffer 2.1.1 des Lastenheftes gerade ausgeschlossen. Danach bedarf es zur vorzeitigen Beendigung der Vertragsbeziehung einer Verständigung der Parteien, also einer Einigung. Das ergibt sich nach Ansicht des OLG Celle auch aus der im Rahmen des Nomination Letter zum Ausdruck gekommenen Interessenlage der Beteiligten.
Entschädigung und Ausblick
Auf die Widerklage der Prevent-Tochter hat das OLG Celle weiterhin festgestellt, dass VW dieser Schadensersatz leisten muss.
Ob das Urteil des OLG Celle als Präzedenzfall (zuliefererfreundliche) Auswirkungen auf noch laufende und zukünftige Verfahren haben wird, bleibt abzuwarten.
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