Ver­trags­recht: Offen­le­gung sen­si­bler Infor­ma­tio­nen im Streitfall

Wie gehe ich damit um und was ist zu beachten?

Im geschäft­li­chen All­tag gehö­ren Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Kun­den oder Lie­fe­ran­ten zum unge­woll­ten, aber den­noch regel­mä­ßi­gen All­tag – etwa im Zusam­men­hang mit einem Gewähr­leis­tungs­fall. Zur Unter­maue­rung der eige­nen For­de­rung stellt sich dann oft die Fra­ge, ob und in wel­chem Umfang inter­ne Infor­ma­tio­nen oder exter­ne Unter­la­gen – zum Bei­spiel sol­che eines eige­nen Kun­den – offen­ge­legt wer­den dür­fen. Ein Bei­spiel: Ein Unter­neh­men möch­te sei­nem Lie­fe­ran­ten nach­wei­sen, dass ein Man­gel zu Schä­den bei einem Kun­den geführt hat, für die der Lie­fe­rant auf­kom­men soll. Dafür könn­ten inter­ne Abläu­fe, E‑Mails oder Ver­trä­ge mit dem Kun­den rele­vant wer­den. Doch was darf und soll­te preis­ge­ge­ben wer­den – und was nicht?

Außer­ge­richt­li­che Offen­le­gung: Zurück­hal­tung ist geboten

Außer­halb eines Gerichts­ver­fah­rens besteht in der Regel kei­ne recht­li­che Ver­pflich­tung, dem Ver­trags­part­ner Doku­men­te oder Infor­ma­tio­nen offen zu legen – es sei denn, dies ist ver­trag­lich ver­ein­bart. Gera­de weil sen­si­ble Betriebs­in­ter­na betrof­fen sein kön­nen, soll­te eine Offen­le­gung immer geprüft und abge­wo­gen werden.

Hin­zu kommt: Die Unter­la­gen kön­nen auch Infor­ma­tio­nen über ande­re Geschäfts­part­ner ent­hal­ten – etwa Kun­den oder Sub­un­ter­neh­mer. Die­se Daten unter­lie­gen meist gesetz­li­chen (z. B. nach dem Geschäfts­ge­heim­nis­ge­setz) oder ver­trag­li­chen Geheim­hal­tungs­pflich­ten (z. B. aus Geheim­hal­tungs­ver­ein­ba­run­gen). Auch datenschutz- und wett­be­werbs­recht­li­che Vor­schrif­ten kön­nen rele­vant sein und sind zu beachten.

Gleich­zei­tig besteht in vie­len Fäl­len ein prak­ti­scher Bedarf, zumin­dest grund­le­gen­de Infor­ma­tio­nen bereit­zu­stel­len – etwa um den Scha­den plau­si­bel zu machen und/oder dem Lie­fe­ran­ten die Ein­schal­tung sei­ner Haft­pflicht­ver­si­che­rung zu ermög­li­chen, was die Durch­set­zung der eige­nen For­de­run­gen erleich­tern kann. In sol­chen Fäl­len emp­fiehlt es sich beispielweise

  • nur das zwin­gend Erfor­der­li­che offenzulegen,
  • Doku­men­te zu anony­mi­sie­ren oder zu schwärzen,
  • Zugrif­fe tech­nisch zu beschrän­ken (z. B. über siche­re Datenräume),
  • und/oder im Ein­zel­fall vor­ab eine Zustim­mung zur Wei­ter­ga­be beim betrof­fe­nen Drit­ten einzuholen.

Letzt­lich muss im außer­ge­richt­li­chen Fall das noch zuläs­si­ge und sinn­vol­le Maß gefun­den wer­den, um mit sei­nen Ansprü­chen Gehör zu fin­den und die­se durch­set­zen zu kön­nen. Eine Dar­le­gung wie in gericht­li­chen Ver­fah­ren ist hier­für jedoch nicht zwin­gend erforderlich.

Gericht­li­che Offen­le­gung: Neue Schutz­me­cha­nis­men ab April 2025

Anders sieht es im gericht­li­chen Ver­fah­ren aus: Wer im Zivil­pro­zess Ansprü­che gel­tend machen möch­te, dem obliegt grund­sätz­lich die Beweis­last für die Tat­sa­chen des Sach­ver­halts. Letzt­lich bewer­tet das Gericht, ob die ein­ge­brach­ten Bewei­se aus­rei­chend sind. Das kann bedeu­ten, dass auch sen­si­ble Geschäfts­ge­heim­nis­se oder Kun­den­do­ku­men­te ein­ge­bracht wer­den müssen.

Damit sol­che eige­nen oder auch kun­den­sei­ti­ge Infor­ma­tio­nen nicht an die Öffent­lich­keit oder an unge­woll­te Drit­te gelan­gen und so ggf. gegen Geheim­hal­tungs­pflich­ten ver­sto­ßen wird, sind – neben Berück­sich­ti­gung der vor­an­ste­hen­den Erwä­gun­gen – erfor­der­li­che Schutz­maß­nah­men zu ergreifen.

Bis zum 31.03.2025 war das nur mit stark begrenz­ten Mit­teln mög­lich. Dazu gehör­te bei­spiels­wei­se der Aus­schluss der Öffent­lich­keit im Pro­zess (§ 174 Gerichtsverfassungsgesetz).

Seit dem 1. April 2025 kön­nen Gerich­te jedoch neue Schutz­maß­nah­men ergrei­fen: Mit dem neu­en § 273a ZPO wur­de eine Vor­schrift ein­ge­führt, die auf das Geschäfts­ge­heim­nis­schutz­ge­setz (GeschGehG) verweist.

Gemäß § 273a ZPO kön­nen Gerich­te nun auf Antrag einer Par­tei auf die pro­zes­sua­len Schutz­me­cha­nis­men der §§ 16–20 GeschGehG zurück­grei­fen, und so ins­be­son­de­re fol­gen­de Maß­nah­men ergreifen:

  • ein­ge­schränk­ter Zugang zu Prozessakten,
  • Ver­trau­lich­keits­ver­pflich­tun­gen für Verfahrensbeteiligte,
  • teil­wei­se geschwärz­te oder anony­mi­sier­te Beweisunterlagen,
  • nicht­öf­fent­li­che Ver­hand­lungs­ter­mi­ne in Ausnahmefällen.

Damit erhal­ten Geschäfts­ge­heim­nis­se im Zivil­pro­zess einen höhe­ren Schutz. Die Rege­lung gilt für jede Ver­fah­rens­art, also auch in Ver­fah­ren über den Erlass einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung oder in selbst­stän­di­gen Beweisverfahren.

Anfor­de­run­gen an den Antrag nach § 273a ZPO

Ein Antrag auf Schutz sen­si­bler Infor­ma­tio­nen muss kon­kret gestellt und aus­rei­chend begrün­det wer­den. Wich­tig dabei:

  • Die betref­fen­den Doku­men­te sind genau zu bezeich­nen und – sofern bereits vor­ge­legt – müs­sen die als geheim ein­ge­stuf­ten Pas­sa­gen beson­ders kennt­lich gemacht wer­den (§ 20 Abs. 4 S. 1 GeschGehG).
  • Bei einem Antrag auf Zugangs­be­schrän­kung (§ 19 GeschGehG) ist zusätz­lich eine geschwärz­te Ver­si­on bei­zu­fü­gen, die den vom Zugang aus­ge­schlos­se­nen Per­so­nen zur Ver­fü­gung gestellt wer­den kann (§ 20 Abs. 4 S. 2 GeschGehG).

Und wenn Infor­ma­tio­nen Drit­ter betrof­fen sind?

Wur­den ent­spre­chen­de Maß­nah­men ergrif­fen, kann es im Rah­men der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit und unter Abwä­gung der Inter­es­sen selbst ohne Zustim­mung des Inha­bers der betref­fen­den Infor­ma­tio­nen und trotz bestehen­der Geheim­hal­tungs­pflich­ten zuläs­sig sein, die­se im Zivil­pro­zess ohne Ver­let­zung einer Geheim­hal­tungs­pflicht ein­zu­brin­gen. Das bedarf jedoch einer Prü­fung im Einzelfall.

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