Auswirkungen eines („No-Deal“) Brexit auf die Medizinprodukteindustrie
Folgen des Brexits für Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich
Medizinproduktehersteller mit Sitz außerhalb der EU, die ihre Produkte innerhalb der EU in Verkehr bringen möchten, benötigen zwingend einen europäischen bevollmächtigten Repräsentanten (EC REP) mit Sitz in der Union, der als Kontaktperson für die nationalen Aufsichtsbehörden agiert.
Daher gilt auch für Medizinproduktehersteller mit Sitz im Vereinigten Königreich, die ihre Produkte weiter in der Union in Verkehr bringen möchten, dass sie ab dem Tag des Austritts aus der EU (voraussichtlich der 29.03.2019) einen Bevollmächtigten innerhalb der EU-27 benötigen.
Folgen des Brexits für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU und britischem Bevollmächtigtem
Medizinproduktehersteller, die bisher mit einem britischen EC REP zusammengearbeitet haben, werden sich ab dem Brexit einen neuen Bevollmächtigen außerhalb des Vereinigten Königreichs in einem der EU-27 Staaten suchen müssen. Eine Vertretung innerhalb der EU durch einen Bevollmächtigten im Vereinigten Königreich ist ab dem Moment des Austritts aus der Union nicht mehr möglich.
Folgen des Brexits für (noch nicht) CE gekennzeichneten Produkte auf dem Markt der EU-27 und auf dem britischen Markt
Die Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency (= MHRA) erwartet im Zuge des Brexit, dass die EU-27 nach dem 29. März 2019 keine Zertifikate mehr akzeptiert, die von britischen Benannten Stellen ausgestellt wurden. Damit müssen Hersteller, die Produkten in der EU-27 in Verkehr bringen wollen, eine Neuzertifizierung durch eine Benannte Stelle der EU-27 beantragen.
Für den britischen Markt beabsichtigt die MHRA umgekehrt, den bestehenden britischen Benannten Stellen einen laufenden Rechtsstatus zu verleihen, um dort die Gültigkeit von Zertifikaten anzuerkennen, die diese vor dem 29. März 2019 ausgestellt haben. Damit bleiben Zertifikate für die auf dem britischen Markt in Verkehr gebrachten Produkte, die von den britischen Benannten Stellen ausgestellt wurden, auch nach dem Austritt Groß Britanniens gültig.
Im Hinblick auf neue – bislang noch nicht in Verkehr gebrachte – Produkten, die künftig in Großbritannien in Verkehr gebracht werden sollen, empfiehlt sich Herstellern vorerst nur die Kooperation mit einer Benannten Stelle innerhalb eines EU-27 Staates.
Ist ein Produkt gemäß den EU-Richtlinien oder EU-Vorschriften mit der CE-Kennzeichnung versehen, darf es (weiterhin) auf dem britischen und EU-27 Markt vertrieben werden.
Registrierung von Medizinprodukten im Vereinigten Königreich nach dem Brexit
Die so genannte Medical Device Regulation 2002 (MDR UK 2002) setzt die Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG und 98/79/EG in nationales britisches Recht um. Nach dem Entwurf MDR UK 2019 werden insbesondere Veränderungen an der MDR UK 2002 vorgenommen, die zur Verwirklichung des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU notwendig sind.
Alle auf dem britischen Markt in Verkehr gebrachten Produkte müssen ab dem 29.03.2019 bei der MHRA registriert werden. Die Registrierung erfolgt nur, wenn ein „eingetragener Firmensitz“ im Vereinigten Königreich nachgewiesen wird. Je nach Risikoklasse des Produktes, gibt es bestimmte Übergangsfristen für diese Registrierungspflichten.
Das Vereinigte Königreich wird weiterhin bestehende Genehmigungen für klinische Studien akzeptieren, so dass es nicht notwendig wird, diesbezügliche Anträge erneut einzureichen.
Mit der MDR UK 2019 muss der Hersteller, der nicht im Vereinigten Königreich niedergelassen ist, dort aber Produkte in Verkehr bringen will, eine verantwortliche britische Person („verantwortliche Person“) benennen, die in seinem Namen handelt. Ihren Status weist die verantwortliche Person entweder durch ein Benennungsschreiben oder einen unterzeichneten Vertrag nach. Darin wird bestätigt, dass die verantwortliche Person mit Zustimmung des ausländischen Herstellers und im Einklang mit der Gesetzgebung, für Produkte auf dem britischen Markt handelt.
Fazit
Der Brexit wird nachhaltige Auswirkungen auf die gesamte Medizinprodukteindustrie haben. Betroffen sind sowohl britische Hersteller, deren Produkte innerhalb der EU in Verkehr gebracht werden sollen und die daher künftig einen EC Rep benötigen, als auch Hersteller der EU-27 Staaten, die künftig für den Vertrieb neuer Produkte im Vereinigten Königreich auf die Kooperation mit einer britischen verantwortlichen Person angewiesen sind. Nicht-europäische Hersteller mit EC Rep im Vereinigten Königreich werden einen neuen Bevollmächtigten in einem der EU-27 Staaten benennen müssen. Der reibungslose (Weiter-)Vertrieb von Produkten innerhalb des Vereinigten Königreiches wie den EU-27 Staaten erfordert daher notwendigerweise strukturelle Anpassungen bisheriger Kooperationsmodelle. Eine Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Wechsel des bisherigen Bevollmächtigten, einschließlich der damit einhergehenden Anpassungen von Produktinformationen und geänderten Registrierpflichten, ist unvermeidlich.
zurück