Com­pli­ance im Gesundheitswesen

Ent­wick­lung, Her­stel­lung und Ver­trieb von Medi­zin­pro­duk­ten stel­len Her­stel­ler und Ver­trei­ber, deren Betrieb und auch medi­zi­ni­sche Fach­kräf­te vor beson­de­re Her­aus­for­de­run­gen. Grund­sätz­lich ist ein Zusam­men­wir­ken von Her­stel­lern und Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten mit den medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen und den medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten uner­läss­lich. Dabei sind jedoch gesetz­li­che Rege­lun­gen des Straf­rechts, des Heilmittelwerbe- und des Wett­be­werbs­rech­tes zu berück­sich­ti­gen. Daher stellt sich für Her­stel­ler und Ver­trei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten die Fra­ge, wor­auf sie im Umgang und in der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten ach­ten müssen.

Kodex Medi­zin­pro­duk­te

Der Bun­des­ver­band der Medi­zin­tech­no­lo­gie e. V. hat den Kodex Medi­zin­pro­duk­te erstellt, der die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Her­stel­lern und Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten einer­seits und medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten ande­rer­seits unter Berück­sich­ti­gung der gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen erleich­tern soll. Ein zen­tra­ler Punkt ist es, zu ver­hin­dern, dass am Gesund­heits­markt Betei­lig­te in den Ver­dacht der Kor­rup­ti­on geraten.

1.     Grund­prin­zi­pi­en des Kodex Medizinprodukte

Gemäß dem Tren­nungs­prin­zip dür­fen ent­gelt­li­che und unent­gelt­li­che Leis­tun­gen an medi­zi­ni­sche Fach­kräf­te oder Beschäf­tig­te in medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen, wie Geschen­ke oder geld­wer­te Vor­tei­le, nicht im Zusam­men­hang mit den Umsatz­ge­schäf­ten der jewei­li­gen medi­zi­ni­schen Ein­rich­tung ste­hen oder Ein­fluss auf die Beschaf­fungs­ent­schei­dung der Ein­rich­tung neh­men. Die Gewäh­rung von Zuwen­dun­gen, die pri­va­ten Zwe­cken die­nen, ist untersagt.

Nach dem Trans­pa­renz­prin­zip müs­sen medi­zi­ni­sche Fach­kräf­te und Beschäf­tig­te in medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen Leis­tungs­be­zie­hun­gen mit Her­stel­lern oder Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten, soweit die­se deren Dienst­pflicht betref­fen, von der Ver­wal­tung der medi­zi­ni­schen Ein­rich­tung schrift­lich geneh­mi­gen las­sen. Die­ses Vor­ge­hen wird auch für ande­re Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten und Her­stel­lern oder Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten empfohlen.

Fer­ner ist dar­auf zu ach­ten, dass Leis­tungs­ver­hält­nis­se zwi­schen Her­stel­lern oder Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten und medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten sowie Beschäf­tig­ten in medi­zi­ni­schen Ein­rich­tun­gen schrift­lich doku­men­tiert wer­den (Doku­men­ta­ti­ons­prin­zip).

Zudem muss die Ver­gü­tung zu der erbrach­ten Leis­tung gemäß dem Äqui­va­lenz­prin­zip in einem ange­mes­se­nen Ver­hält­nis stehen.

2.    Aus­wir­kun­gen des Kodex Medizinprodukte

Grund­sätz­lich sind Geschen­ke und Sach­zu­wen­dun­gen an medi­zi­ni­sche Fach­kräf­te unzu­läs­sig. Eine Aus­nah­me besteht ledig­lich für Wer­be­ga­ben von gerin­gem Wert, die mit einer dau­er­haf­ten und sicht­ba­ren Bezeich­nung des Her­stel­lers oder des Medi­zin­pro­duk­tes gekenn­zeich­net sind, und für „sozi­al adäqua­te“ Geschen­ke zu beson­de­ren Anläs­sen. Die­se Geschen­ke müs­sen zur Ver­wen­dung in der medi­zi­ni­schen Pra­xis bestimmt sein, der Wei­ter­bil­dung die­nen oder Pati­en­ten nüt­zen. Die Gewäh­rung von Zuwen­dun­gen zu pri­va­ten Zwe­cken ist untersagt.

Dies bedeu­tet auch, dass Her­stel­ler und Ver­trei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten bei der Fort- und Wei­ter­bil­dung von medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten dar­auf ach­ten müs­sen, dass die­se fach­be­zo­gen ist und sich in einem finan­zi­ell ange­mes­se­nen Rah­men hält. All­ge­mei­ne Beratungs- und Lizenz­ver­trä­ge zwi­schen Her­stel­lern oder Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten mit medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten oder Ein­rich­tun­gen sind zuläs­sig. Hier­bei sind aber die Ange­mes­sen­heit und Aus­ge­gli­chen­heit von Leis­tung und Gegen­leis­tung sicher­zu­stel­len. Spen­den von Her­stel­lern oder Ver­trei­bern an medi­zi­ni­sche Ein­rich­tun­gen müs­sen stets einem gemein­nüt­zi­gen Zweck die­nen, wie der Ver­bes­se­rung der Patienten- oder Gesund­heits­ver­sor­gung oder der medi­zi­ni­schen For­schung, und von der medi­zi­ni­schen Ein­rich­tung ver­wal­tet wer­den. Ansons­ten sind sie unzulässig.

Die Beschaf­fung und der Ver­trieb von Medi­zin­pro­duk­ten sind Teil des all­ge­mei­nen Preis- und Leis­tungs­wett­be­wer­bes und erfol­gen nach Qualitäts- und Preis­ge­sichts­punk­ten. Her­stel­ler und Ver­trei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten dür­fen medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten kei­ne geld­wer­ten Leis­tun­gen oder Geld­zah­lun­gen anbie­ten oder gewäh­ren, sei es auch nur mit­tel­bar. Geld- und Natu­ral­ra­bat­te im Rah­men von Umsatz­ge­schäf­ten müs­sen auf der Rech­nung aus­ge­wie­sen werden.

Straf­bar­keit gemäß dem StGB

Bei Ver­stoß gegen die genann­ten Ver­hal­tens­re­ge­lun­gen droht den Her­stel­lern und Ver­trei­bern von Medi­zin­pro­duk­ten einer­seits sowie den medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten ande­rer­seits die Straf­bar­keit nach den Rege­lun­gen des Straf­ge­setz­bu­ches. Die­se Rege­lun­gen ver­fol­gen den Zweck der Siche­rung eines fai­ren Wett­be­wer­bes im Gesund­heits­we­sen sowie des Schut­zes des Ver­trau­ens der Pati­en­ten in die Inte­gri­tät heil­be­ruf­li­cher Ent­schei­dun­gen. Seit Juni 2016 bestehen die Straf­tat­be­stän­de der Bestechung im Gesund­heits­we­sen nach § 299b StGB und der Bestech­lich­keit im Gesund­heits­we­sen nach § 299a StGB. § 299b StGB sieht u. a. vor, dass jeder, der einer medi­zi­ni­schen Fach­kraft im Zusam­men­hang mit deren Berufs­aus­übung einen Vor­teil als Gegen­leis­tung dafür anbie­tet, dass die medi­zi­ni­sche Fach­kraft ihn bei dem Bezug von Medi­zin­pro­duk­ten in unlau­te­rer Wei­se bevor­zugt, mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft wird. Eine medi­zi­ni­sche Fach­kraft hin­ge­gen, die eine Gegen­leis­tung für die unlau­te­re Bevor­zu­gung bei dem Bezug von Medi­zin­pro­duk­ten for­dert, kann wegen Bestech­lich­keit im Gesund­heits­we­sen gemäß § 299a StGB eben­falls mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe bestraft werden.

Han­delt es sich bei der medi­zi­ni­schen Fach­kraft um ver­be­am­te­te oder ange­stell­te Ärz­te in öffentlich-rechtlicher Trä­ger­schaft, so kommt zudem eine Straf­bar­keit der Geber­sei­te wegen Bestechung nach § 334 StGB oder Vor­teils­ge­wäh­rung nach § 333 StGB in Betracht. Die­se wird durch eine Straf­bar­keit der ent­spre­chen­den Ärz­te wegen Bestech­lich­keit nach § 332 StGB oder wegen Vor­teils­an­nah­me nach § 331 StGB ergänzt.

Wesent­lich ist es daher, auf die Ange­mes­sen­heit zwi­schen der Leis­tung an eine medi­zi­ni­sche Fach­kraft und deren Gegen­leis­tung zu ach­ten. Einen Vor­teil für eine medi­zi­ni­sche Fach­kraft stellt im Sin­ne die­ser Straf­tat­be­stän­de grund­sätz­lich jede Zuwen­dung dar. Eine sol­che Bes­ser­stel­lung besteht auch dann, wenn die medi­zi­ni­sche Fach­kraft zwar eine Gegen­leis­tung erbringt, die­se jedoch in kei­nem ange­mes­se­nen Ver­hält­nis zu der ihr gewähr­ten Leis­tung steht. Nur eine ange­mes­se­ne Auf­wands­ent­schä­di­gung stellt kei­ne Bes­ser­stel­lung dar und begrün­det kei­ne Straf­bar­keit des Her­stel­lers oder Ver­trei­bers von Medizinprodukten.

Rege­lun­gen des Heil­mit­tel­wer­be­ge­set­zes (HWG)

Auch die Rege­lun­gen des Wett­be­werbs­rech­tes ent­hal­ten Rege­lun­gen für den Fall eines Ver­sto­ßes gegen die oben genann­ten Ver­hal­tens­grund­sät­ze. So sieht das HWG eine Geld­bu­ße bis zu 50.000 € im Rah­men einer Ord­nungs­wid­rig­keit vor, wenn u. a. Zuwen­dun­gen oder sons­ti­ge Wer­be­ga­ben ange­bo­ten wer­den, die nicht zur Ver­wen­dung in der ärzt­li­chen oder phar­ma­zeu­ti­schen Pra­xis bestimmt sind. Hier­von ist jede unent­gelt­li­che Ver­güns­ti­gung erfasst, die im Zusam­men­hang mit der Wer­bung für ein bestimm­tes Medi­zin­pro­dukt gewährt wird. Sofern eine Gegen­leis­tung durch die medi­zi­ni­sche Fach­kraft vor­liegt, kommt eine Ord­nungs­wid­rig­keit nach dem HWG nur in Betracht, wenn durch die Gegen­leis­tung eine in Wahr­heit wirt­schaft­lich unent­gelt­li­che Zuwen­dung ver­schlei­ert wird.

Rege­lun­gen des Unlauterer-Wettbewerb-Gesetzes (UWG)

Ein Ver­stoß gegen die Rege­lun­gen des Kodex für Medi­zin­pro­duk­te kann grund­sätz­lich auch einen Ver­stoß gegen die Rege­lun­gen des UWG dar­stel­len. Hier­aus kön­nen sich Unter­las­sungs­an­sprü­che von Mit­be­wer­bern erge­ben, gerich­tet auf eine zukünf­ti­ge Unter­las­sung des Ver­hal­tens gegen­über medi­zi­ni­schen Fachkräften.

Fazit

Her­stel­ler und Ver­trei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten soll­ten im Umgang mit medi­zi­ni­schen Fach­kräf­ten genau auf die Ein­hal­tung der dar­ge­stell­ten Compliance-Regeln ach­ten. Ins­be­son­de­re ange­sichts der Straf­tat­be­stän­de des StGB mit emp­find­li­chen Stra­fen sind die kon­ti­nu­ier­li­che Fort­bil­dung und die Sen­si­bi­li­sie­rung ins­be­son­de­re von Ver­triebs­mit­ar­bei­tern sinn­voll, um als Her­stel­ler oder Ver­trei­ber von Medi­zin­pro­duk­ten der Health­ca­re Com­pli­ance gerecht zu wer­den. Ein Compliance-Kodex des Unter­neh­mens soll­te nicht nur imple­men­tiert, son­dern auch “gelebt” werden.

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