Die derzeit für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika geltenden Richtlinien werden künftig durch die beiden europäischen Verordnungen, VO (EU) 2017/745 für Medizinprodukte (MDR) und VO (EU) 2017/746 für In-vitro-Diagnostika (IVDR), abgelöst. Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie wurde der Geltungsbeginn der MDR um ein Jahr auf den 26. Mai 2021 verschoben. Geltungsbeginn der IVDR ist der 26. Mai 2022. Mit Geltungsbeginn der beiden Verordnungen bedarf es keiner Umsetzung der europäischen Regelwerke mehr in nationales Recht, so dass das MPG in seiner jetzigen Form keinen Bestand haben wird. Es wird mit Geltungsbeginn der MDR abgelöst durch das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG). Nach § 2 MPDG ist das Gesetz an-zuwenden auf Produkte im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2017/745. Für In-vitro-Diagnostika ist bis einschließlich 25. Mai 2022 das Medizinproduktegesetz in der bis ein-schließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung anzuwenden. Ergänzend dazu ergibt sich weiterer Anpassungsbedarf in den nationalen Rechtsverordnungen des Medizinprodukterechts.
Künftige nationale Verordnungen
Die neue Verordnung über die Meldung von mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnissen bei Medizinprodukten sowie zum Informationsaustausch der zuständigen Behörden (Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV)) (PDF) dient der Durchführung von MDR und IVDR und regelt die Meldung von mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnissen. Die MPAMIV ersetzt mit ihrem Inkrafttreten die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) (PDF) und hat insbesondere die Definition von Vorkommnissen sowie die verschiedenen Zuständigkeiten und Formalitäten ihrer Abwicklung zum Gegenstand.
Ebenfalls neu ist die Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz-Gebührenverordnung, die der Schaffung von Gebührentatbeständen für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen der zuständigen Bundesoberbehörden nach MDR und MPDG sowie den zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen dient.
Im Kontext geändert werden die Medizinproduktemethodenbewertungsverordnung infolge der Ablösung der Richtlinie 93/42/EWG durch die MDR und die Apothekenbetriebsordnung infolge der Ablösung des Medizinproduktegesetzes durch das MPDG. Gleiches gilt für die Medizinprodukte-Abgabeverordnung.
Auch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung wird im Zuge der Anpassung des nationalen Rechts an die MDR neu geregelt. Unter anderem werden Regelungen für die Aufbereitung von Einmalprodukten nach den Vorgaben des Artikels 17 MDR geschaffen. Des Weiteren wird die Verpflichtung aus Artikel 18 Absatz 2 MDR umgesetzt, Gesundheitseinrichtungen zu verpflichten, Patienteninformationen zu Implantaten abzugeben.
Folgen fehlender Compliance
Adressaten der MPAMIV sind insbesondere Behörden, aber auch Betreiber und Hersteller von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika. Verglichen mit der “alten” MPSV beinhaltet die künftige Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung verhältnismäßig wenig Anforderungen, die die Hersteller direkt betreffen. Nichtsdestotrotz gehören auch Kenntnis und Umsetzung der Regeln der MPAMIV ebenso wie die der MDR/IVDR und des MPDG zur regulatorischen Compliance von Medizinprodukteherstellern. Auch das Wissen um die Änderungen der nationalen Verordnungen ist essenziell, um den eigenen Herstellerpflichten umfassend nachkommen zu können. Fehlende Kenntnis und mangelnde Umsetzung der neuen Regelwerke in interne Prozesse können als Verstoß gegen die auszuübenden Verkehrssicherungs- und Sorgfaltspflichten des Herstellers angesehen werden und bergen somit ein Haftungsrisiko nach Deliktsregeln, das zum ohnehin bestehenden Produkthaftungsrisiko hinzutritt.
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