Was ist der EHDS?
Der Europäische Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space, EHDS) ist zentraler Bestandteil der europäischen Gesundheitsunion und der erste sektorale EU-Datenraum. Der EHDS soll Einzelpersonen mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten geben, aber auch den grenzüberschreitenden Datenaustausch „zum Zweck der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen“ erleichtern. Zudem soll er einen Binnenmarkt für elektronische Patientendatensysteme und ein sicheres Umfeld für Forschung, Innovation und Regulierung schaffen. Die regulatorische Grundlage des EHDS bilden insbesondere bestehende EU-Rechtsakte wie die DSGVO der Daten-Governance-Rechtsakt, das Datengesetz, die Richtlinie über Netz- und Informationssysteme, aber auch MDR und IVDR. Diese übergreifenden Rahmenregelungen umfassen Vorschriften, einschließlich Sicherheitsmaßnahmen, die auch im Gesundheitssektor Anwendung finden. Angesichts der besonderen Sensibilität von Gesundheitsdaten wird der EHDS jedoch durch zusätzliche, sektorspezifische Bestimmungen ergänzt. Nachdem die EU-Kommission bereits im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS-Verordnung) veröffentlicht hat, haben die beiden weiteren EU-Gesetzgebungsakteure, das EU-Parlament und der Rat der EU, die neue Verordnung zum EHDS angenommen. Die EHDS-Verordnung wurde am 05.03.2025 veröffentlicht und tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Chancen und Risiken des EHDS für Hersteller von Medizinprodukten und IVD
Der EHDS adressiert Wirtschaftsunternehmen mit folgendem Versprechen: „Sie werden von der besseren Verfügbarkeit elektronischer Gesundheitsdaten profitieren, weil die Daten damit für angewandte Forschung und Innovation nutzbar werden”.
Für die Medizintechnik-Branche ist entscheidend, dass die sekundäre Nutzung von Gesundheitsdaten auch Produktentwicklungen umfasst, die potenziell zur öffentlichen Gesundheit beitragen können. Artikel 53 Abs. 1 lit. a der EHDS-Verordnung ermöglicht genau dies: Die Zugangsstellen für Gesundheitsdaten gewähren […] Zugang zu Daten für die Sekundärnutzung, wenn ein öffentliches Interesse im Bereich der […] Überwachung der öffentlichen Gesundheit oder Tätigkeiten zur Sicherstellung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards der Gesundheitsversorgung, einschließlich der Patientensicherheit, sowie von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, besteht. Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung, die zur Bewertung von Gesundheitstechnologien beiträgt oder ein hohes Maß an Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung, von Arzneimitteln oder Medizinprodukten sicherstellt ist auch die Sekundärnutzung zum Trainieren, Testen und Bewerten von Algorithmen, auch in Medizinprodukten, IVD, KI-Systemen und digitalen Gesundheitsanwendungen vorgesehen. Die Nutzung von Daten für Produktneuentwicklungen und ‑verbesserungen beschränkt sich nicht nur auf medizinische Software und KI-basierte Medizinprodukte, sondern schließt analoge Medizinprodukte mit ein. Nachteilig könnte sich auswirken, dass Medizinprodukte, IVD und KI-Systeme mit dem EHDS eine weitere zusätzliche Regulierung erfahren, die mit bereits bestehenden Vorschriften harmonisiert werden muss. Zudem muss ausgeschlossen sein, dass für die sekundäre Datennutzung keine Informationen herangezogen werden, die Geschäftsgeheimnisse oder geistiges Eigentum der Unternehmen betreffen.
Fazit und Handlungsempfehlung
Der EHDS verspricht einen Innovationsschub für die Gesundheitsbranche, der jedoch erhöhte regulatorische Anforderungen mit sich bringt. Während Hersteller einerseits von einem vereinfachtem Datenzugang und einer sekundären Nutzung von Daten profitieren können, droht andererseits eine gewisse Überregulierung, die den Wettbewerb aufgrund der offenen Daten verschärfen, geistiges Eigentum gefährden und damit ggf. Investitionen in neue Medizintechnologien ausbremsen könnte.
Unternehmen sollten sich daher proaktiv mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen und diese frühzeitig in ihre Compliance-Strategie einbeziehen. Es gilt einmal mehr: Konformität mit MDR oder IVDR allein reicht nicht aus. Die kontinuierliche Analyse und Beachtung aller rechtlichen Rahmenbedingungen ist essenziell, um eine 360° Compliance zu erreichen.
zurück