Das Dokument MDCG 2025–5 der Medical Device Coordination Group bietet umfassende Fragen und Antworten zu Leistungsstudien von In-vitro-Diagnostika (IVD) gemäß der EU-Verordnung 2017/746 (IVDR). Es klärt die Definitionen von Leistungsstudien, analytischen und klinischen Studien sowie die Anforderungen an deren Durchführung und Meldung an die zuständigen Behörden. Es wird erläutert, welche Studien eine Antragstellung oder Benachrichtigung erfordern, basierend auf Kriterien wie invasiver Probenentnahme, Interventionalität oder der Verwendung von Begleitdiagnostika. Es behandelt zudem zeitliche Aspekte, wesentliche Änderungen an Studien und die Nutzung von CE-gekennzeichneten IVD im Rahmen von Leistungsstudien, um die Sicherheit und Leistung der Geräte zu gewährleisten. Das Dokument beantwortet insbesondere die nachfolgenden Fragen:
Was ist eine Leistungsstudie (Performance Study) gemäß der IVDR?
Eine Leistungsstudie gemäß Artikel 2(42) der Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) ist eine Studie, die durchgeführt wird, um die analytische oder klinische Leistung eines In-vitro-Diagnostikums (IVD) zu etablieren oder zu bestätigen. Im Gegensatz zu klinischen oder Labormethoden, die Arbeitsabläufe oder Bedienungsanleitungen beschreiben, konzentriert sich eine Leistungsstudie auf die Generierung von Leistungsdaten für das Gerät selbst. Solche Studien können frische Proben von menschlichen Probanden verwenden, aber auch Daten aus kuratierten Datenbanken, Registern oder zuvor gesammelten Patientendaten oder ‑materialien nutzen.
Was sind analytische und klinische Leistungsstudien und wann sind beide erforderlich?
- Analytische Leistungsstudien prüfen die Fähigkeit eines IVD, einen Analyten korrekt zu messen (z. B. Sensitivität, Spezifität, Präzision).
- Klinische Leistungsstudien belegen, ob Ergebnisse mit einem klinischen Zustand korrelieren (z. B. diagnostische Sensitivität, prädiktive Werte).
Analytische Studien sind immer erforderlich. Klinische Leistungsdaten können auch aus Literatur oder Routineanwendung stammen – eine Studie ist nötig, wenn diese Daten nicht ausreichen.
Welche Leistungsstudien werden von der IVDR reguliert und welche erfordern eine Einreichung bei der zuständigen Behörde?
Alle Leistungsstudien im Sinne der IVDR unterliegen den allgemeinen Anforderungen (z. B. GSPR, Datenschutz).
Einreichungspflicht (application) besteht bei:
- chirurgisch-invasiver Probenentnahme nur für die Studie
- interventionellen Studien mit Einfluss auf Behandlung
- zusätzlichen Risiken für Teilnehmende
- Begleitdiagnostika ohne ausschließliche Nutzung von Restproben
Benachrichtigung (notification) genügt bei:
- Begleitdiagnostika mit ausschließlicher Verwendung von Restproben
- PMPF-Studien mit CE-IVDs und belastenden Verfahren
Studien ohne diese Merkmale erfordern keine Einreichung, unterliegen aber weiterhin Artikel 57.
Welche Bedeutung haben “chirurgisch-invasive Probenentnahme” und “interventionelle klinische Leistungsstudie” im Kontext der IVDR?
- Chirurgisch-invasive Probenentnahme bedeutet Einsatz invasiver Verfahren ausschließlich für die Studie – dann ist eine Antragstellung nötig. Routinemäßige Eingriffe mit Studiennutzung gelten nicht als “nur zum Zweck”.
- Interventionelle Studien beeinflussen das Patientenmanagement. Hier besteht Risiko durch mögliche Fehlentscheidungen aufgrund unzuverlässiger Testergebnisse.
Was sind „Left-over-Proben“ und welche Einreichungsanforderungen gelten bei deren Verwendung in Leistungsstudien?
Left-over-Proben sind Restmaterial aus Routinediagnostik ohne klinischen Bedarf, ggf. aus Biobanken.
Einreichungspflichten:
- Begleitdiagnostika: Benachrichtigung nach Artikel 58(2)
- Nicht-Begleitdiagnostika mit zusätzlichem Risiko: Antragstellung nach Artikel 58(1)©
- PMPF mit CE-IVDs & belastenden Verfahren: Benachrichtigung nach Artikel 70(1)
Was ist unter „belastenden“ Verfahren bei PMPF-Studien zu verstehen, und wann können solche Studien mit CE-gekennzeichneten Geräten begonnen werden?
- Belastende Verfahren sind alle, die Unbehagen, Risiken oder Einschränkungen verursachen können. Einschätzung erfolgt aus Sicht der betroffenen Person.
- Beginn einer PMPF-Studie mit belastenden Verfahren ist nach Benachrichtigung möglich – eine Genehmigung ist i. d. R. nicht erforderlich, sofern keine Einwände oder negative Ethikvoten vorliegen.
Was müssen IVD-Hersteller in Bezug auf Leistungsstudien also beachten?
Hersteller sind verantwortlich für die Festlegung der Zweckbestimmung ihres IVD. Sie müssen sicherstellen, dass das Produkt die allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSPR) gemäß Anhang I der IVDR erfüllt – insbesondere für Aspekte, die nicht Gegenstand der Studie sind. Für die in der Studie untersuchten Aspekte müssen geeignete Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten getroffen und dokumentiert werden. Eine Konformitätserklärung ist zu unterzeichnen, die die Einhaltung der GSPR bestätigt, mit Ausnahme derjenigen Punkte, die durch die Studie selbst überprüft werden. Die zugrunde liegenden Nachweise zur GSPR-Erfüllung sind auf Anfrage den Behörden vorzulegen.
Im Leistungsstudienplan sind die technischen und funktionalen Produktmerkmale des IVD darzustellen – inklusive Produktspezifikationen, Bezug zum erwarteten klinischen Nutzen und Angabe, ob ein Merkmal die Sicherheit oder Leistung betrifft.
Zudem sind klare, validierte Anweisungen für Gebrauch, Lagerung, Wartung und Handhabung des Produkts bereitzustellen. Diese Informationen – inklusive Schulungserfordernissen – müssen in in der/den Amtssprache(n) des jeweiligen Mitgliedstaats verständlich formuliert sein. Besonderes Augenmerk gilt dabei Produkten zur Selbstanwendung oder patientennahen Diagnostik.
Wenn mehrere IVD in einer Studie untersucht werden, müssen alle relevanten Dokumente wie die Prüferbroschüre und die Konformitätserklärung sämtliche betroffenen Geräte vollständig abdecken.
Was ist jetzt zu tun?
Nur wer die Anforderungen an analytische und klinische Leistungsstudien kennt und erfüllt, kann IVD sicher, wirtschaftlich und rechtskonform auf den Markt bringen.
Wir unterstützen gerne dabei. Sprechen Sie uns an.
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