Derselbe Mangel berechtigt nicht zu Minderung und großem Schadensersatz
Aktuelles Urteil des BGH
Ist die Sache mangelhaft, steht dem Käufer bei erfolgloser Nacherfüllung ein Wahlrecht zu. Er kann die Sache behalten und den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten. Entscheidet er sich für die Minderung, kann er wegen desselben Mangels keinen großen Schadensersatz verlangen.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb von der Beklagten ein Neufahrzeug. Nach der Übergabe rügte sie verschiedene Mängel. Diese wurden von der Beklagten jeweils beseitigt. Nach Ansicht der Klägerin waren alle Mängel auf dieselbe Ursache zurückzuführen. Die Fehleranfälligkeit des Fahrzeuges werde durch herstellungsbedingte Qualitätsmängel verursacht. Die Klägerin erklärte die Minderung nach §§ 437 Nr. 2, 441 BGB in Höhe von 20% und verlangte die Rückzahlung des geminderten Kaufpreises. Nachdem sie Klage erhoben hatte, rügte sie weitere Mängel. Diese wurden von der Beklagten nur zum Teil beseitigt. Daraufhin verlangte die Klägerin nicht mehr die Rückzahlung des geminderten Betrages sondern den großen Schadensersatz (Schadensersatz statt der ganzen Leistung §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1, S. 3, Abs. 5 BGB). Danach muss der Verkäufer den Schaden ersetzen, der durch die Nichterfüllung des gesamten Vertrages entstanden ist.
Rechtlicher Hintergrund und Entscheidung des BGH
Nach Ansicht des BGH kann nach der Minderung das Begehren nicht auf Zahlung des großen Schadensersatzes umgestellt werden. Das folgt aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer gem. § 437 Nr.2 BGB den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten. Er hat die Wahl, ob er am Vertrag festhält und den Kaufpreis herabsetzt oder sich vom Vertrag löst und die erbrachten Leistungen rückabwickelt. Durch diese Entscheidung kann der Käufer das Vertragsverhältnis einseitig verändern. Ihm steht ein sogenanntes Gestaltungsrecht zu. Zum Schutz der Interessen des Verkäufers steht ihm diese Wahl nur einmalig zu. Die Entscheidung kann nicht wiederrufen oder an Bedingungen geknüpft werden. Der Verkäufer darf und soll auf die Erklärung des Käufers vertrauen. Aus diesem Grund kann der Käufer wegen desselben Mangels nicht daneben oder nachträglich den großen Schadensersatz verlangen. Andernfalls könnte er sich nach der Minderung vom Vertrag lösen. Denn der Schadensersatz statt der ganzen Leistung hat weitreichende Folgen. Der Käufer erhält Ersatz für den Schaden, der ihm durch die Nichterfüllung des gesamten Vertrages entstanden ist. Das umfasst beispielsweise auch den entgangen Gewinn, falls der Käufer die Kaufsache zu einem höheren Preis hätte weiterverkaufen können. Oder etwaige Preissteigerungen, falls der Kaufpreis für eine Ersatzbeschaffung gestiegen ist. Gleichzeitig muss der Käufer die bereits erbrachten Leistungen an den Verkäufer zurückgeben. Die rechtlichen Folgen ähneln denen des Rücktritts. Die Möglichkeit zur Vertragsauflösung hat der Käufer aber durch die Wahl der Minderung unumkehrbar aufgegeben.
Fazit und Handlungsempfehlung
Das Urteil stärkt die Position der Verkäufer. So dürfen ihre Kunden an der einmal getroffenen Wahl zwischen Minderung und Rücktritt festhalten. Zu beachten ist, dass die Rechtsprechung den Fall eines identischen Mangels betrifft. Treten andere Mängel auf, stehen dem Käufer abermals Gewährleistungsrechte zu. Damit geht erneut das Wahlrecht zwischen Minderung und Rücktritt einher. Außerdem muss gesehen werden, dass neben der Minderung der sogenannte kleine Schadensersatz verlangt werden kann. Dieser umfasst solche Schäden, die beispielsweise durch den Nutzungsausfall während einer Mangelbeseitigung entstehen.
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