Gebrauchsanweisungen sind Teil der Kennzeichnung von Medizinprodukten. Sie unterliegen strikten regulatorischen Anforderungen, die mit Geltungsbeginn der MDR (PDF) verglichen mit den bisherigen Regeln der Richtlinien noch einmal deutlich verschärft wurden.
Definition des Begriffs “Gebrauchsanweisung”
Nach der Medizinprodukteverordnung bezeichnet die “Gebrauchsanweisung” die vom Hersteller zur Verfügung gestellte Information, in der der Anwender über die Zweckbestimmung und korrekte Verwendung eines Produkts sowie über eventuell zu ergreifende Vorsichtsmaßnahmen unterrichtet wird.
Die Gebrauchsanweisung muss zusammen mit dem Produkt bereitgestellt werden. Für Produkte der Risikoklassen I und IIa ist sie ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine sichere Anwendung dieser Produkte ohne Gebrauchsanweisung gewährleistet ist und sofern die MDR nichts Abweichendes regelt. Für den Hersteller heißt das: wenn er keine Gebrauchsinformation bereitstellen möchte, muss er sich innerhalb seines Risikomanagements mit der Frage auseinandersetzen, ob eine sichere Anwendung seines Produkts auch ohne flankierende Gebrauchsanweisung möglich ist. Es gilt, potenzielle Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu begründen, warum der Verzicht auf das Bereitstellen einer Gebrauchsinformation ausnahmsweise als unkritisch erachtet wird.
Kann von einer Gebrauchsanweisung nicht abgesehen werden, besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit, sie in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Es gilt hierbei auch unter der MDR zunächst weiterhin die Verordnung (EU) Nr. 207/2012 über elektronische Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte.
Mindestinhalte von Gebrauchsanweisungen nach MDR
Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte müssen gemäß MDR zunächst über bestimmte Schlüsselinformationen verfügen. Hierzu gehören neben Produktinformationen (Name/Handelsmarke, Produktidentifikationsnummer) und Herstellerangaben (Name, Anschrift, Kontaktdaten) weiter Angaben zu:
- Zweckbestimmung
- Indikationen und Kontraindikationen
- Patientenzielgruppe und vorgesehene Anwender
- Erwarteter klinischer Nutzen
- Verfügbarkeit des Kurzberichts zur Sicherheit und klinischen Leistungsfähigkeit (Hochrisikoprodukte)
- Leistungsmerkmale des Produkts
- Spezifikationen, die für die ordnungsgemäße Verwendung des Produkts erforderlich sind
- Sterilisation, Endmontage, Kalibrierung, Reinigung und Desinfektion
- Erforderliche Qualifikation der Anwender
- Etwaige Wiederaufbereitungsverfahren
- Lagerung, Transport, Haltbarkeitsdauer
- Kombination mit anderen Produkten inkl. Zubehör
- Wartung, Reparatur
- Symbole und Identifizierungsfarben
Gestaltung von Gebrauchsanweisungen
Gebrauchsinformationen sind so zu gestalten, dass sie einerseits den regulatorischen Anforderungen genügen, andererseits für den in der Zweckbestimmung spezifizierten Anwender nachvollziehbar und verständlich sind. Eine strukturierte Gestaltung und ein konsistenter Aufbau sind hierbei essenziell. Es sollte insbesondere auf die einheitliche Verwendung von Symbolen und widerspruchsfreie Darstellung von Bestimmungszweck, Handling, Reinigung, Wartung etc. geachtet werden. Für das konkrete Produkt nicht relevante Aspekte sollten auch keine Rolle spielen (z.B. keine Angaben zur Frage der Wiederaufbereitung, wenn das Produkt nicht wiederaufbereitet werden kann).
In welcher Sprache die Gebrauchsinformation vorgelegt werden muss, regeln die Mitgliedsstaaten. Grundsätzlich gilt nach MDR, dass die Gebrauchsanweisung in den Sprachen vorliegen muss, die in den Mitgliedstaaten akzeptiert werden, in denen das Produkt verkauft werden soll.
Regulatorische und haftungsrechtliche Relevanz der Gebrauchsanweisung
Hersteller sind verpflichtet, auch die Gebrauchsinformation zu ihren Produkten MDR-konform zu gestalten. Entspricht die Gebrauchsanweisung nicht den Vorgaben der MDR, insbesondere Anhang I, Kapitel III (Anforderungen an die mit dem Produkt gelieferten Informationen), kann dies einen von der zuständigen Aufsichtsbehörde angeordneten Inverkehrgabe- oder Vertriebsstopp zur Folge haben.
Hinzu kommen haftungsrechtliche Risiken für den Hersteller: der Hersteller haftet nicht nur für Schäden, die aus der Nutzung eines unsicheren bzw. fehlerhaften Produktes selbst resultieren, sondern auch für Schäden, die ein Anwender oder Patient dadurch erleidet, dass eine missverständlich formulierte, falsch oder lückenhaft gestaltete Gebrauchsinformation den Nutzer zu einer unsachgemäßen Anwendung des Produkts verleitet hat. Dies gilt auch im Hinblick auf fehlerhafte Angaben in übersetzten Versionen der Gebrauchsanweisung. Haftungsadressat ist stets der Hersteller des Produkts, unabhängig davon, wen er mit der Übersetzung von Gebrauchsinformationen beauftragt hat.
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