Am 26.05.2022 tritt die In-vitro-Diagnostika-Richtlinie (PDF) außer Kraft. Sie wird von der In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDR) abgelöst, die nach einer fünfjährigen Übergangsfrist ab diesem Tag unmittelbare Rechtskraft in den EU-Mitgliedstaaten entfaltet.
Unter Geltung der IVDR müssen deutlich mehr Produkte ein Konformitätsbewertungsverfahren unter Einbezug einer Benannten Stelle durchlaufen als bisher. Um einen reibungslosen Ablauf des Übergangs von der Richtlinie zur IVDR zu gewährleisten, wurde den Wirtschaftsakteuren eine fünfjährige Übergangsphase gewährt, die am 26.05.2022 auslaufen wird.
Nach IVDR-Regeln müssen ca. 80 Prozent der IVD-Hersteller ab dem 26.05.2022 im Rahmen der Konformitätsbewertung ihrer Produkte eine Benannte Stelle hinzuziehen. Unter Geltung der Richtlinie betraf das nur ca. 15 Prozent der IVD.
Ein besonderes Problem ist dabei, dass eine Vielzahl möglicher, auch für die Begleitung von Konformitätsverfahren von IVD grundsätzlich infrage kommender Benannter Stellen (noch) kein Akkreditierungsverfahren nach Art. 31 ff. IVDR durchlaufen haben und dies auch nicht in Angriff nehmen wollen. Bislang (Stand 06.08.2021) bestehen jedoch nur fünf nach IVDR akkreditierte Benannte Stellen in der EU, die die Begleitung von Konformitätsbewertungsverfahren nach IVDR leisten müssten . Unter Geltung der Richtlinie waren es zuletzt noch 18 akkreditierte Benannte Stellen. Dies wird unweigerlich zur Verzögerung bei der Zertifizierung von IVD führen, auf die sich Hersteller von IVD einstellen müssen.
Die EU-Kommission veröffentlichte im September 2018 Übergangsvorschriften (Implementation Rolling Plan), um einen reibungslosen Übergang von der IVD-Richtlinie (PDF) zur IVD-VO zu gewährleisten. Diese Übergangsvorschriften haben bisher jedoch kaum Entlastung für die Benannten Stellen geschaffen.
Die geringe Anzahl Benannter Stellen ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die zuständigen Behörden bis zum 26.05.2021 zugleich mit den Vorbereitungen und der Einführung der relevanten Strukturen der Medical Devices Regulation (MDR) beschäftigt waren. Um diese Doppelbelastung zu vermeiden, sollte die MDR ursprünglich am 26.05.2020 rechtskräftig werden, sodass den zuständigen Behörden zwei Jahre bleiben sollten, um die notwendigen Vorbereitungen für den Geltungsbeginn der IVDR am 26.05.2022 zu treffen. Diese Vorbereitungszeit verkürzte sich jedoch um ein Jahr, da der Geltungsbeginn der MDR im Lichte der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Herausforderungen für die Medizinproduktebranche auf den 26.05.2021 verschoben wurde. Der Geltungsbeginn der IVDR hingegen wurde bislang nicht verschoben.
Bezüglich der Datenbank Eudamed schaffen die Übergangsvorschriften jedoch eine gewisse Entlastung: Bisher ist Eudamed nicht vollständig funktionsfähig, sodass nicht alle relevanten Daten in Eudamed veröffentlicht werden können. Allerdings ist die Erfüllung der Herstellerpflichten bereits ohne die Veröffentlichung der diesbezüglichen Daten in Eudamed möglich. Voraussichtlich wird Eudamed im Jahr 2022 voll funktionsfähig sein.
Insgesamt wird es schwierig, eine ausreichende Infrastruktur zur Implementierung bis zum Geltungsbeginn der IVDR am 26.05.2022 zu schaffen. Eine Verschiebung des Geltungsbeginns durch die EU erscheint sinnvoll, um die Versorgung mit dringend benötigten IVD sicherzustellen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die gestiegenen Anforderungen an ein Konformitätsbewertungsverfahren für eine größere Anzahl an IVD die Entwicklung und das Inverkehrbringen dieser Produkte aufgrund mangelnder Benannter Stellen verzögern oder vereiteln werden.
Handlungsempfehlung:
Hersteller von IVD sollten sich spätestens jetzt bei den akkreditierten Benannten Stellen um ein Konformitätsbewertungsverfahren bemühen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte bis zum 26.05.2022 die erforderliche Konformitätsbewertung erhalten. Ansonsten droht dem jeweiligen Hersteller, dass die entsprechenden Produkte nicht mehr in Verkehr gebracht werden können.
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