Die EU-Kommission stellt einen Verordnungsentwurf zum Verbot von Zwangsarbeit vor
2023 tritt in Deutschland das “Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten” (LkSG) in Kraft. Parallel laufen die Arbeiten auf Ebene der EU: neben einem Richtlinienentwurf zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette veröffentlichte die EU-Kommission nun auch einen Verordnungsentwurf. Dieser statuiert ein umfassendes Verbot für die Inverkehrgabe sowie den Im- und Export von Produkten, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden (Art. 3), und sieht vor, dass nationale Behörden weitreichende Prüf- und Sanktionsbefugnisse erhalten sollen.
Anwendungsbereich des Verordnungsentwurfs
Die Definition der Zwangsarbeit im Verordnungsentwurf (Art. 2 a) und b)) entspricht derjenigen, die bereits im LkSG und im EU-Richtlinienentwurf verwendet wird. Alle Rechtsakte verweisen auf die Übereinkommen Nummer 29 und 105 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Im Unterschied zum LkSG und zum EU-Richtlinienentwurf findet hingegen keine Unterscheidung nach Anzahl der Mitarbeitenden, Umsatz oder Branchen statt. Der Entwurf umfasst ausnahmslos alle Produkte und Unternehmen. Der Pressemitteilung der Kommission lässt sich entnehmen, dass sich eine Abstufung allein aus dem risikobasierten Ansatz der Behörden bei der Überprüfung ergeben soll. Kleine und mittlere Unternehmen sollen dadurch geschützt werden, dass die zuständigen Behörden „die Größe und die Ressourcen des jeweiligen Wirtschaftsakteurs sowie das Ausmaß des Risikos von Zwangsarbeit“ berücksichtigen, bevor sie eine formelle Prüfung einleiten. Zudem werden KMU „von Unterstützungsinstrumenten profitieren“.
Regelungsinhalt
Nationale Behörden sollen im Rahmen einer Vorbereitungsphase (Art. 4) solche Produkte identifizieren, bezüglich derer ein begründeter Verdacht besteht, dass sie in Zwangsarbeit hergestellt werden. Dabei sollen sowohl externe Informationsquellen als auch bereits von anderen Behörden erhobene Daten genutzt werden. Letztere umfassen insbesondere Erkenntnisse aus der Bewertung von Wirtschaftsakteuren und insbesondere deren Maßnahmen zur Ermittlung, Verhinderung, Minimierung oder Beseitigung des Risikos von Zwangsarbeit hinsichtlich ihrer Tätigkeiten und Wertschöpfungsketten. Daraus folgt, dass insbesondere die Erkenntnisse aus der Umsetzung der Sorgfaltspflichten aus dem LkSG eine wesentliche Rolle spielen dürften. Bei begründeten Verdachtsmomenten sollen die Behörden unmittelbar gegenüber Unternehmen tätig werden.
Stellen die Behörden einen Verstoß gegen das Verbot der Zwangsarbeit fest, sollen sie umfassende Anordnungsbefugnisse erhalten. Diese umfassen die Untersagung von Import und Export betroffener Produkte und die Anordnung von Rückrufen solcher Produkte, die bereits in der EU in Verkehr gebracht wurden. Die Rückrufe umfassen hingegen nur den B2B-Bereich; Rückrufe von Produkten, die bereits den Endverbraucher erreicht haben, sind ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 1 Abs. 2).
Neben der Bestimmung begleitender Pflichten der Behörden zum Aufbau entsprechender Datenbanken und Überwachungsmechanismen regelt der Verordnungsentwurf auch die Verknüpfung zum Zollrecht.
Fazit
Für deutsche Unternehmen, die bereits dem Anwendungsbereich des LkSG unterliegen, dürfte der Verordnungsentwurf mit einiger Wahrscheinlichkeit nur geringe Auswirkungen haben, da das LkSG bereits umfassende Sorgfaltspflichten statuiert und dabei auch die Zwangsarbeit berücksichtigt. Der Verordnungsentwurf ist jedoch ein weiteres Indiz dafür, dass nicht nur große Unternehmen sich intensiv mit dem Menschenrechts- und Umweltschutz befassen sollten und entsprechende Systeme zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten aufsetzen sollten. Bereits jetzt ist absehbar, dass ihnen entsprechende Pflichten aus dem LkSG bzw. des EU-Richtlinienentwurfs im Rahmen vertraglicher Regelungen auferlegt werden. Der Verordnungsentwurf geht einen Schritt weiter, da er ausnahmslos alle Unternehmen umfasst und – sofern er verabschiedet wird – unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gelten würde.
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