Dem Urteil des BGH vom 10.04.2024 (Az. VIII ZR 161/23) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte verkaufte dem Kläger im Jahre 2021 einen fast 40 Jahre alten Gebrauchtwagen „unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung“. Dabei vereinbarten die Parteien als Beschaffenheit unter anderem die „einwandfreie“ Funktionsfähigkeit der Klimaanlage des Oldtimers i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (nunmehr § 434 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs stellte der Kläger fest, dass die Klimaanlage defekt war und ließ sie für mehrere Tausend Euro reparieren. Der Kläger verlangte vom Beklagten Ersatz der Reparaturkosten für die Klimaanlage mit der Begründung, der Defekt habe bereits bei Gefahrübergang vorgelegen.
Wertung der Vorinstanz
Die zuständigen Vorinstanzen hatten den Anspruch des Klägers zunächst unter Hinweis auf den zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschluss verneint. Es wurde argumentiert, dass der Ausschluss im vorliegenden Fall ausnahmsweise auch für das Fehlen einer Beschaffenheit gelte, da bei einem derartigen Gebrauchtfahrzeug trotz Beschaffenheitsvereinbarung wegen seines hohen Alters mit dem Verschleiß bestimmter Bauteile gerechnet werden müsse und der Kläger daher nicht habe erwarten dürfen, dass die Klimaanlage noch funktioniere.
Korrektur durch den BGH
Den VIII. Zivilsenat des BGH überzeugte diese Begründung nicht. Er bestätigte mit seinem Urteil die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Reichweite vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschlüsse. Dabei stellte er noch einmal klar, dass Gewährleistungsausschlüsse für Sachmängel grundsätzlich nicht für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gelten. Vielmehr kann sich ein solcher Ausschluss aus Sicht des Gerichts nur auf Mängel beziehen, die der (vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen) Verwendung der Sache entgegenstehen, § 434 Abs. 1 Satz 2 a.F. Kurz: Wer das Vorliegen einer bestimmten Beschaffenheit zusagt, kann sich nicht gleichzeitig auf einen Gewährleistungsausschluss für das Fehlen jener Beschaffenheit berufen. Beschaffenheitsvereinbarungen würden sonst ihren „Sinn und Wert“ verlieren, so der BGH.
Ausnahmen von dem Grundsatz, dass sich Gewährleistungsausschlüsse für Sachmängel nicht auf das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit beziehen, sind zwar grundsätzlich denkbar. So wie die Vorinstanz die Ausnahme begründet hatte, lag eine solche aber im vorliegenden Fall nicht vor. Der BGH verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf die eindeutige Bezeichnung der Klimaanlage als „einwandfrei“. Bei dieser Formulierung dürfe der Käufer eine voll funktionsfähige Sache erwarten, selbst bei dem Bauteil eines fast 40 Jahre alten Oldtimers.
Fazit
Die Entscheidung unterstreicht, welchen Wert eine individuelle Beschaffenheitsvereinbarung im Kaufrecht hat und dass Gewährleistungsausschlüsse auch ohne ausdrückliche Regelung Grenzen haben können. Spannend ist in diesem Zusammenhang, ob der Sachverhalt auf Basis der neuen Fassung von § 434 BGB, der die vereinbarte Beschaffenheit (subjektive Anforderungen) mit den nicht vereinbarten Beschaffenheiten (objektive Anforderungen) gleichsetzt, noch genauso entschieden würde.
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung jedenfalls schon jetzt: Beim Verkauf von Sachen sollte die Formulierung zu den Eigenschaften der Sache (vereinbarte Beschaffenheit) sorgfältig und präzise geprüft werden. Das gilt insbesondere für häufig genutzte, aber aus rechtlicher Perspektive regelmäßig vernachlässigte Dokumente wie Spezifikationen, Lastenhefte und Zeichnungen von Produkten, die Vertragsbestandteil werden. Etwaige Gewährleistungsausschlüsse schützen im Zweifel nicht, wenn darin festgelegte Eigenschaften nicht vorliegen.
zurück