Regulatorische Anforderungen für Hersteller und „Inverkehrbringer“ von Gesundheits-Apps
Mit der „neuen“, im Mai des vergangenen Jahres in Kraft getretenen Medical Device Regulation (Verordnung (EU) 2017/745) stellt sich die Frage, wie sog. Gesundheits- oder Medical Apps verglichen mit sog. Lifestyle-Apps regulatorisch zu behandeln sind. Software mit medizinischer Zweckbestimmung unterliegt den für Medizinprodukte geltenden Regularien, benötigt also grundsätzlich eine CE-Kennzeichnung, um innerhalb der EU in Verkehr gebracht werden zu können. Die konkreten Anforderungen ergeben sich aus der jeweiligen Klassifizierung nach MDR, die sich wiederum aus den mit der Nutzung sich potenziell ergebenden Risiken für den Verwender ableitet.
„Mobile Applications“ sind Softwareanwendungen, die auf mobilen Plattformen (Handhelds) laufen. Die Charakterisierung als „Medizinprodukt“ oder „Nicht-Medizinprodukt“ bestimmt sich nach dem vom Hersteller definierten Verwendungszweck: Apps mit klar therapeutischem oder diagnostischem – medizinischen – Verwendungszweck, z.B. Werte anderer Medizinprodukte auszulesen oder aber Wechselwirkungen bzw. Dosierungen von Medikamenten zu identifizieren, lassen sich eindeutig als „Medical Devices“ einordnen. Demgegenüber stellen Apps ohne eine entsprechende Zweckbestimmung, etwa solche, die lediglich Inhalte von Fachliteratur wortgleich wiedergeben, „Non-Medical Devices“ dar. Daneben treten Apps, deren Zuordnung Schwierigkeiten bereitet: ob es sich bei Apps, die eine Unterstützung im Alltag mit durchaus medizinischem Bezug (beispielsweise in Form einer Erinnerung von Medikamenteneinnahmen oder der Hilfe bei der Dokumentation von Blutwerten oder der MBI-Berechnungen) darstellen, jeweils um „Medizinprodukte“ handelt, muss im Einzelfall entschieden werden.
Wesentlicher für die Zuordnung ist immer die vom Hersteller erklärte Zweckbestimmung der App (Art. 2, 12. Verordnung (EU) 2017/745: Zweckbestimmung bezeichnet die Verwendung, für die ein Produkt entsprechend den Angaben des Herstellers auf der Kennzeichnung, in der Gebrauchsanweisung oder dem Werbe- oder Verkaufsmaterial bzw. den Werbe- oder Verkaufsangaben und seinen Angaben bei der klinischen Bewertung bestimmt ist). Es gilt aber, dass die Qualifikation als Medizinprodukt, an die die Konformitätsbewertung nach MDR und CE-Kennzeichnung sich notwendigerweise anschließen muss, nicht einfach dadurch umgangen werden kann, dass der Hersteller – ggfs. einzig und allein um diesen Aufwand zu vermeiden – zwar eine nicht-medizinische Zweckbestimmung formuliert, die App jedoch faktisch gemäß Funktionsweise und/oder Risikoprofil einen medizinischen Zeck hat und insofern ein Medizinprodukt darstellt.
Ist eine App als Medizinprodukt einzuordnen, hängt ihre Klassifikation unter anderem davon ab, welchen Schaden ein Ausfall oder die Fehlfunktion der App anrichten kann. Konkret ist das potenzielle Risiko, das Nutzung wie Fehlfunktion für die Gesundheit des Verwenders mit sich bringen können, zu beurteilen. Anhand der Klassifikationsregeln nach Anhang VIII der Verordnung ist regelmäßig eine Zuordnung von Gesundheits-Apps zur Klasse IIa geboten. Damit ist die Einbindung Benannter Stellen in die Konformitätsbewertung zwingend (Anhang IX, Kapitel I, 2.1 MDR). Letztlich ist aber auch die Klassifizierung Einzelfall-bezogen vorzunehmen. Medical Apps, die bereits als Klasse-I-Produkte in den Verkehr gebracht wurden, sind basierend auf den Regeln der MDR neu zu beurteilen: mit großer Wahrscheinlichkeit wird eine Höherklassifizierung vorzunehmen sein. Hersteller sollten dies berücksichtigen und schnellstmöglich in Kontakt mit einer Benannten Stelle treten, um ein nach MDR vorzunehmendes Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen und die MDR-Compliance ihrer App sicherstellen zu können.
Fazit
Das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten und somit von Apps, die als Medizinprodukte eingeordnet werden, ist mit der MDR deutlich strenger geregelt als noch unter den bisher geltenden Richtlinien. Dies betrifft insbesondere die Klassifizierung von Software. Die Vorgaben für das Konformitätsbewertungsverfahren wurden somit auch für die Hersteller von Software mit Hinblick auf die Patientensicherheit verschärft, was diesen in Zukunft einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab und eine noch genauere Prüfung des konkreten Produktes abverlangen wird.
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