Patient und Medizinprodukt als Simulation
Künstliche Intelligenz (KI) ist auch in der Gesundheitsindustrie auf dem Vormarsch. Sie kann verhindern, dass Operationen unnötig durchgeführt oder Medikamente kontraindiziert oder fehlerhaft eingenommen werden. Darüber hinaus kann auch die Verwendung von Medizinprodukten sicherer gestaltet werden. Möglich ist dies mit dem sogenannten „Digital Twin“, also dem digitalen Zwilling, der entweder den Patienten oder ein Medizinprodukt auf dem Computer simuliert.
Zur Erstellung des digitalen Zwillings „Patient“ benötigt man vor allem eines: Unmengen an Gesundheitsdaten. Diese Daten stammen in simpler Form von Fitnessuhren oder ‑trackern oder – in der deutlich komplexeren Variante – aus einer Genanalyse. Nach Einspeisung der gesammelten Informationen wird so weit wie möglich ein detailgetreues, digitales Ebenbild des Patienten am Computer nachgestellt. Hierdurch ist es beispielsweise möglich, die Folgen einer Operation oder der Einnahme bestimmter Medikamente auf den individuellen menschlichen Organismus zu simulieren, Erfolgsaussichten und Risiken einer Behandlung zu ermitteln und den Heilungsverlauf zu prognostizieren. Darüber hinaus können auch Operationen, auf die ohne den Einsatz eines digitalen Zwillings wegen eines vermeintlich hohen Risikos verzichtet worden wäre, unter Umständen doch durchgeführt werden, wenn sich das Risiko aufgrund der vorhandenen Datenlage nicht bestätigt.
Der Einsatz eines digitalen Zwillings ist aber auch für Hersteller von Medizinprodukten von besonderem Interesse, da das digitale Abbild eines Produkts den Hersteller des Produkts dabei unterstützen kann, seine produktsicherheits- und produkthaftungsrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Möglich ist dies zum einen durch Erkenntnisse, die bereits vor der Markteinführung in digitalen Testläufen gewonnen wurden und in deren Rahmen das Verhalten des Medizinprodukts bei bestimmungsgemäßer Verwendung simuliert wurde. Zum anderen können die Daten von bereits im Feld befindlichen Medizinprodukten gesammelt, ausgewertet und auf diesem Weg wertvolle Rückschlüsse auf die Konstruktion künftiger Produktmodelle erlangt werden.
Fazit
Somit hat der digitale Zwilling das Potenzial, die Gesundheitsbranche weiter zu digitalisieren und zu verändern, Kosten (z. B. für unnötige Operationen) zu sparen und die Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Während beispielsweise früher bei der Fehlfunktion eines Herzschrittmachers häufig kein Weg an einer Operation vorbeiführte, kann diese bei Einsatz eines digitalen Zwillings anhand vorhandener Daten vermieden werden. Darüber hinaus würde einem Hersteller der Nachweis ausreichender Erprobung im Vorfeld der Markteinführung leichter gelingen. Die Relevanz datenschutzrechtlicher Vorgaben sollte hierbei jedoch nicht verkannt werden.
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