Die Erpro­bungs­klau­sel

Grat­wan­de­rung zwi­schen gedeck­tem Risi­ko und Haftungsausschluss 

Ein Her­stel­ler muss sei­ne Pro­duk­te vor der Markt­ein­füh­rung hin­rei­chend erproben

Vie­le Her­stel­ler schlie­ßen für ihre Pro­duk­te eine Pro­dukt­haft­pflicht­ver­si­che­rung ab, die als Teil der Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung Personen‑, Sach- und Ver­mö­gens­schä­den abdeckt, die durch die Ver­wen­dung feh­ler­haf­ter Pro­duk­te ent­ste­hen. Gemäß Zif­fer 6.2.5. der Pro­dukt­haft­pflicht­be­din­gun­gen (ProdHB) sol­len jedoch sol­che Sach- oder Ver­mö­gens­schä­den vom Ver­si­che­rungs­schutz aus­ge­schlos­sen sein, die durch die nicht aus­rei­chen­de Erpro­bung eines Erzeug­nis­ses ver­ur­sacht wurden.

Sach­lich erstreckt sich die­ser genui­ne Aus­schluss­tat­be­stand auf sämt­li­che in Ver­kehr gebrach­te Erzeug­nis­se und somit nicht nur auf Neu­ent­wick­lun­gen, son­dern auch auf wei­ter­ent­wi­ckel­te oder geän­der­te Pro­duk­te, die wei­ter­hin in Ver­kehr gebracht wer­den. Inhalt­lich muss die Erpro­bung auf der Ent­wick­lungs­stu­fe erfol­gen, in der das Pro­dukt in Ver­kehr gebracht wer­den soll. 

Wei­te­re Vor­aus­set­zung für eine aus­rei­chen­de Erpro­bung ist die Anwen­dung sys­te­ma­ti­scher und prak­ti­scher Test­ver­fah­ren, die den Stand der Tech­nik wider­spie­geln, wobei der Stand der Tech­nik den aktu­el­len Ent­wick­lungs­stand fort­schritt­li­cher Ver­fah­ren, Ein­rich­tun­gen oder Betriebs­wei­sen zur Erpro­bung der prak­ti­schen Eig­nung von Erzeug­nis­sen für den kon­kre­ten Ver­wen­dungs­zweck dar­stellt. Über all­ge­mein aner­kann­te und prak­tisch bewähr­te Maß­nah­men gehö­ren hier­zu auch Test­ver­fah­ren, die sich nach der aktu­el­len tech­ni­schen Dis­kus­si­on als geeig­net, ange­mes­sen und not­wen­dig her­aus­ge­bil­det haben. 

Am Bei­spiel eines Her­stel­lers von Flie­sen setzt die ver­si­che­rungs­recht­lich nöti­ge Erpro­bung jeden­falls vor­aus, dass er sei­ne Flie­sen auf einer ange­mes­se­nen Test­flä­che anbringt und sodann im Rah­men sys­te­ma­ti­scher und dem Stand der Tech­nik ent­spre­chen­der Prüf­ver­fah­ren tes­tet, ob die Flie­sen den Belas­tun­gen, die in der kon­kret vor­ge­se­he­nen Ver­wen­dung im Innen- oder Außen­be­reich erwar­tet wer­den kön­nen, stand­hal­ten. Wer­den nach die­ser Erpro­bung Ände­run­gen vor­ge­nom­men – etwa die Rezep­tur der Beschich­tung wird nach­träg­lich geän­dert – muss er auch die­se letz­te Ent­wick­lungs­stu­fe noch ein­mal in die­sem Sin­ne aus­rei­chend erproben. 

Wel­che kon­kre­te Erpro­bung im Ein­zel­fall dem Stand der Tech­nik ent­spricht, hängt maß­geb­lich von dem betrof­fe­nen Erzeug­nis und dem kon­kre­ten Ver­wen­dungs­zweck des Pro­dukts ab. Her­stel­ler soll­ten daher ein umfang­rei­ches Qua­li­täts­ma­nage­ment­sys­tem eta­blie­ren, das die aus­rei­chen­de Erpro­bung des Pro­dukts ent­spre­chend dem jeweils gel­ten­den Stand der Tech­nik schon in der Entwicklungs- und Kon­struk­ti­ons­pha­se und somit vor dem Inver­kehr­brin­gen durch geeig­ne­te Pro­zes­se imple­men­tiert, doku­men­tiert und archi­viert. Denn der Her­stel­ler kann dem Ein­wand der unzu­rei­chen­den Erpro­bung im Ein­zel­fall nur durch den Nach­weis hin­rei­chen­der Pro­dukt­tests ent­ge­gen­tre­ten. Kein Argu­ment ist es, dass eine aus­rei­chen­de Erpro­bung ange­sichts des Wettbewerbs- und Zeit­drucks nicht mög­lich war. 

Eine Ein­schrän­kung erfährt der Aus­schluss­tat­be­stand dann, wenn eine Erpro­bung zwar nicht nach dem Stand der Tech­nik, aber in sons­ti­ger Wei­se aus­rei­chend erprobt wur­de, wobei auch inso­weit im Ein­zel­fall zu ermit­teln und nach­zu­wei­sen ist, ob ver­nünf­ti­ge Erpro­bungs­maß­nah­men exis­tie­ren und vor­ge­nom­men wur­den. Im Übri­gen sind Per­so­nen­schä­den unab­hän­gig von der aus­rei­chen­den Erpro­bung stets versichert.

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