Richtlinie 2007/46/EG
Die sog. „Typgenehmigung“ ist auf europäischer Ebene in der Richtlinie (RL) 2007/46/EG geregelt, welche in Art. 1 bestimmt, dass die Richtlinie einen gemeinsamen Rahmen für die Genehmigung von Fahrzeugen und der zur Verwendung in diesen Fahrzeugen bestimmten Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten schafft. Schon hier wird deutlich, dass nicht nur das Fahrzeug als solches, sondern auch Fahrzeugteile Gegenstand der Richtlinie sind.
Genehmigungs- und Vertriebsmöglichkeiten
Zum Verkauf eines Fahrzeugteils rein an Fahrzeughersteller (OEM) muss das Teil weder vorab noch typgenehmigt sein. Dies kann und wird in der Regel der OEM regeln: Die EG-Typgenehmigung eines Neufahrzeugtyps umfasst auch gleichzeitig die Zulassung von in dem Fahrzeugtyp verbauten Fahrzeugteilen – allerdings nur für diesen Fahrzeugtyp. Voraussetzung ist zudem, dass das jeweilige Teil vom selben Hersteller und baugleich mit dem Teil ist, für welches der OEM bereits eine EG–Typgenehmigung im Rahmen seiner Fahrzeugtypzulassung erhalten hat.
Zielt man hingegen als Hersteller des Fahrzeugteils (auch) auf den Vertrieb im Aftermarket, so ist zwischen dem Ersatzteilmarkt und dem Markt für Nachrüstteile zu unterscheiden. Während auf dem Ersatzteilmarkt unter Berücksichtigung einiger Besonderheiten eine eigenständige EG–Typgenehmigung entbehrlich sein kann (hier gilt je nach Fahrzeugteil das Gleiche wie im reinen OEM-Vertrieb (s.o.) – man vertreibt schließlich ein Teil, dass für einen Fahrzeugtyp schon genehmigt wurde), so ist für den Vertrieb auf dem Nachrüstmarkt eine eigenständige Typgenehmigung erforderlich. Diese kann prinzipiell für jedes Fahrzeugteil erteilt werden, das gemäß der sog. „Rechtsakte“ des Anhang IV der RL 2007/46/EG genehmigungsfähig ist. Ist das der Fall, so ist letztlich entscheidend, ob das Fahrzeugteil den technischen Anforderungen der EG-Typgenehmigung genügt, insbesondere denen des Anhang IV der Richtlinie. Dies lässt sich abschließend nur mittels Prüfung durch einen technischen Dienst feststellen.
Im Genehmigungsverfahren wird dann mitunter überprüft, ob das Fahrzeugteil einen entscheidenden Einfluss auf die Spezifikationen (z.B. auf die Emissionsklasse) eines bereits genehmigten Fahrzeugtyps hat. Wird das Teil zugelassen, kann es eigenständig auf dem Aftermarket für den Verbau in bestimmte Fahrzeugtypen vertrieben werden.
Zudem gilt: Wird das Genehmigungsverfahren in einem EU Mitgliedstaat erfolgreich abgeschlossen, kann der Hersteller sein Produkt in der gesamten EU vertreiben und in allen europäischen Ländern ohne weitere Prüfung zulassen.
Update zur EG-Typgenehmigung
EU (VO) 2018/858 ersetzt die Richtlinie 2007/46/EG
Mit Wirkung zum 1. September 2020 werden die bisher für die Genehmigung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen relevanten Vorschriften ersetzt. Die bis dahin noch geltende und oben beschriebene (Rahmen-) Richtlinie 2007/46/EG wird zu diesem Zeitpunkt durch die vom europäischen Parlament verabschiedete Verordnung (EU) 2018/858 aufgehoben und ersetzt.
Hintergrund hierfür ist insbesondere die von der EU weiterhin angestrebte Harmonisierung der Rechtsvorschriften in der EU. Mit der Verordnung verlieren auch automatisch alle nationalen Umsetzungen der Richtlinie 2007/46/EG (in Deutschland: EG-FGV) ihre Bedeutung für Genehmigungen ab dem 1. September 2020. Vielmehr gilt die VO ab diesem Zeitpunkt unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU.
Strengere Regeln durch die neue Verordnung
Inhaltlich werden mit der Verordnung ab dem 01.09.2020 strengere Regeln für die Typengenehmigung gelten.
Insbesondere mit Blick auf den Diesel-Abgasskandal ist dabei anzumerken: das Verbot von Abschalteinrichtungen gilt weiterhin (vgl. Erwägungsgrund 36 der EU (VO) 2018/858), man geht hier sogar darüber hinaus, indem die Fahrzeughersteller den Zugang zu den Softwareprotokollen des jeweiligen Fahrzeuges gewährleisten müssen (Anlage 2, Ziffer 3.1.1 VO (EU) 2018/858).
Darüber hinaus zielt die neue Verordnung auf eine verbesserte Qualität und eine gesteigerte Unabhängigkeit der Prüfinstanzen für die Typengenehmigungen (sog. Technische Dienste) ab. Prüflizenzen und ‑kompetenzen können nunmehr sogar angefochten werden, Art. 77 VO (EU) 2018/858. Die Überwachungskompetenz der jeweiligen (nationalen) Genehmigungsbehörden wird damit gesteigert. Darüber hinaus müssen nunmehr auch Kontrollen zur Marktüberwachung bereits genehmigter Fahrzeuge und Fahrzeugteile durch die Mitgliedsstaaten und deren Marktüberwachungsbehörden durchgeführt werden, beispielsweise durch Stichprobenprüfung sich auf dem Markt befindlicher Fahrzeuge und Fahrzeugteile.
Ebenfalls legt die Verordnung fest, dass Hersteller sämtliche Informationen, die für die Diagnose, die Instandhaltung, die Neuprogrammierung oder Neuinitialisierung eines Fahrzeugs benötigt werden, über das Internet bereitstellen muss. Das soll mit dem (öffentlichen) Zugang zu diesen Angaben in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeiteten Datensätzen möglich gemacht werden, Art. 61 I, S. 2 VO (EU) 2018/858.
Damit bringt die Typengenehmigungsverordnung gegenüber der Richtlinie große Erleichterungen mit sich, insbesondere für Autohäuser und Werkstätten. Der Zugang zu allen Wartungs- und Reparaturinformationen ermöglicht die Durchführung der Arbeiten nach den Herstellervorgaben. Gerade auch für Händler von Einzelteilen kann das essenziell sein, da sie mit den Ersatzteil- und Fahrzeugidentifikationsdaten der Fahrzeughersteller die Möglichkeit haben, die eigenen Teile verordnungsgemäß einordnen zu können.
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