Nachdem die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) den Anspruch aus Art. 15 DSGVO weit gezogen hat, bemüht sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen in einem Urteil vom 17.02.2021 (Az. 2 Sa 63/20) (PDF), dem Anspruch Grenzen zu setzen. Dieser ist inzwischen vermehrt Teil arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Daher lohnt sich für Unternehmen eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des Gerichts, um in Zukunft unberechtigte Auskunftsansprüche abwehren zu können.
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer streitet sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber um Boni, Urlaubsabgeltung sowie um Arbeitsvergütung für Wochenendarbeit. Daneben macht der Arbeitnehmer – wie zuletzt häufig in arbeitsgerichtlichen Verfahren – einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend, um zur Durchsetzung seiner Forderungen Auskunft über alle von seinem ehemaligen Arbeitgeber gespeicherten personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten zu erhalten.
Wesentliche Erwägungen des Gerichts
Die Kammer sieht auch Leistungs- und Verhaltensdaten eines Arbeitnehmers als personenbezogene Daten an, auf die sich somit auch der Anspruch aus Art. 15 DSGVO beziehen kann. Sie verneint den Anspruch im vorliegenden Fall jedoch unter Angabe von vier Gründen.
Zum einen lässt sie in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) den Anspruch an der mangelnden Bestimmtheit scheitern. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat der Kläger einen bestimmten Klageantrag unter Angabe eines Klagegegenstandes und Grundes zu stellen. Dem werde der Antrag des Klägers nicht gerecht, da er sich „begründungslos“ in der bloßen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts erschöpfe und die Angabe eines konkreten Sachverhalts vermissen lasse. Leider fehlt es in dem Urteil an konkreten Ausführungen, welche Anforderungen an ein entsprechendes Auskunftsbegehren zu stellen sind.
Darüber hinaus spreche gegen den Auskunftsanspruch auch die zweckwidrige Absicht, die der Kläger mit ihm verfolge. Der Wortlaut des Art. 15 DSGVO sieht zwar keine Einschränkung des Auskunftsanspruchs auf die Verfolgung bestimmter Zwecke vor. Der Kläger versuche jedoch, durch den Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO eine Umkehrung der Beweis- und Darlegungslast zu erreichen. Es obliege jedoch bei der Geltendmachung einer Vergütung für Überstunden ihm darzulegen, in welchem Umfang er Überstunden abgeleistet hat. Art. 15 DSGVO sei kein Werkzeug zur Ermittlung eines anspruchsbegründenden Sachverhalts. Insofern scheitert der Anspruch aus Sicht des Gerichts auch an der Zweckwidrigkeit.
Nach Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO darf ein Verantwortlicher, der eine große Menge an Informationen über die betroffene Person verarbeitet, verlangen, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information sich ihr Auskunftsersuchen bezieht. Der Kläger kam der entsprechenden mehrmaligen Aufforderung der Beklagten nicht nach. Insoweit durfte die Beklagte die Auskunft auch aus diesem Grund verweigern.
Schließlich sei der Antrag exzessiv. Gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO darf sich der Verantwortliche bei solchen Anträgen weigern, tätig zu werden. Bemerkenswert ist, dass das LAG Sachsen sich dabei nicht auf den Umfang der angeforderten Informationen, sondern erneut auf den funktionswidrigen Zweck bezieht. Der Antrag sei als exzessiv zu werten, weil er nicht dem Zweck der DSGVO gemäß, sondern funktionswidrig im Zusammenhang mit Geldforderungen gestellt werde.
Unsere Einschätzung – Relevanz des Urteils für Unternehmen
Das LAG Sachsen begrenzt den Anspruch aus Art. 15 DSGVO und bemüht sich, seiner funktionswidrigen Verwendung einen Riegel vorzuschieben. Dies ist aus Unternehmenssicht zu begrüßen, da der zweckwidrige Einsatz von Auskunftsersuchen bestehende Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast anderenfalls erheblich verschieben kann. Gleichzeitig zeigt das LAG Sachsen auf, mit welcher Argumentation sich unberechtigte Auskunftsersuchen abwehren lassen. Ob die Begründungen des Gerichts in der Rechtsprechung Bestand haben werden, bleibt jedoch abzuwarten.