Die Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, gilt seit dem 19. April 2020.
Mit dem nun vorliegenden Leitfaden will die EU-Kommission Unternehmen und zuständige nationale Behörden bei der Anwendung der Verordnung unterstützen.
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung besagt:
- Die Mitgliedstaaten dürfen den Verkauf von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten.
- Die Mitgliedstaaten können das Inverkehrbringen von Waren beschränken oder verweigern, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, wenn die Beschränkung oder Verweigerung gerechtfertigt ist.
Funktionsweise der gegenseitigen Anerkennung
Grundsätzlich gilt für Waren im Anwendungsbereich der Verordnung, dass diese, sobald sie rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht sind, auch auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaates bereitgestellt werden dürfen.
Als rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht gelten Waren, die die im Ursprungsmitgliedstaat geltenden einschlägigen Vorschriften erfüllen oder dort keinen Vorschriften unterliegen und dort entsprechend für den Endnutzer bereitgestellt werden.
Hat eine zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats die Absicht, eine Bewertung von vorgenannten Waren durchzuführen, so muss sie dies dem Wirtschaftsakteur unverzüglich mitteilen, woraufhin dieser eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung abgeben kann.
Entscheidet sich der Wirtschaftsakteur gegen die Abgabe der vorgenannten Erklärung, so kann ihn die zuständige Behörde auffordern, innerhalb einer Frist von mindestens 15 Arbeitstagen sachgerechte Unterlagen und Angaben für die Bewertung zur Verfügung zu stellen.
Ansonsten gilt, dass die vorgenannten Waren – auch während der Bewertung durch die zuständige Behörde – auf dem Markt des Bestimmungsmitgliedstaates bereitgestellt werden können. Es sei denn, die Behörde trifft eine anderslautende (ggf. vorübergehende) Entscheidung.
Mögliche Gründe für die Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs
Eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs ist insb. zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und des Verbraucherschutzes gerechtfertigt, wobei die Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssen. Das heißt, dass die Maßnahme geeignet und notwendig sein muss, um das betreffende Ziel zu erreichen.
Hinweise für die Praxis
Für Wirtschaftsakteure, die Waren in der EU vertreiben, die keiner Harmonisierung auf EU-Ebene unterliegen, kann das System der gegenseitigen Anerkennung eine erhebliche Erleichterung darstellen.
Um dieses System jedoch sicher nutzen zu können, ist es unbedingt erforderlich, vor dem Inverkehrbringen von Produkten zu prüfen, ob diese ggf. einem Vorabgenehmigungsverfahren unterliegen oder ob nationale technische Vorschriften vorhanden sind, die insb. die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher schützen sollen. Hierzu können sich die Wirtschaftsakteure auch an die sog. Produktinfostellen richten.
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