Refe­ren­ten­ent­wurf zum Lieferkettengesetz

Hin­ter­grund und der­zei­ti­ger Stand der Dinge

Im Jahr 2011 beschlos­sen die Ver­ein­ten Natio­nen Leit­prin­zi­pi­en für Wirt­schaft und Men­schen­rech­te. Gegen­stand der Dis­kus­si­on waren auch die unter­neh­me­ri­schen Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich glo­ba­ler Lie­fer­ket­ten. Durch den “Natio­na­len Arbeits­plan zur Umset­zung der UN-Leitprinzipien” wur­den die Inhal­te durch die Bun­des­re­gie­rung im Dezem­ber 2016 zunächst auf frei­wil­li­ger Ebe­ne umge­setzt. Die Bun­des­mi­nis­te­ri­en für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung (BMZ) und Arbeit und Sozia­les (BMAS) haben sich nun zusam­men mit dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Ener­gie (BMWi) als Kom­pro­miss auf den Refe­ren­ten­ent­wurf zum Gesetz über die unter­neh­me­ri­schen Sorg­falts­pflich­ten in Lie­fer­ket­ten (Sorg­falts­pflich­ten­ge­setz) geei­nigt. Die­ser soll noch Mit­te März 2021 dem Kabi­nett zum Beschluss vor­ge­legt wer­den. Auch eine Abstim­mung im Bun­des­tag ist noch für die aktu­el­le Legis­la­tur­pe­ri­ode angedacht.

Eck­punk­te des Entwurfs

Das Gesetz soll in Deutsch­land ansäs­si­ge Unter­neh­men ab einer bestimm­ten Grö­ße ver­pflich­ten, ihrer Ver­ant­wor­tung hin­sicht­lich der Lie­fer­ket­ten nach­zu­kom­men, und soll damit der inter­na­tio­na­len Men­sch­rechts­la­ge die­nen und die unter­neh­me­ri­schen Sorg­falts­pflich­ten har­mo­ni­sie­ren. Dazu sol­len für bestimm­te Unter­neh­men Anfor­de­run­gen an ein ver­ant­wort­li­ches Manage­ment fest­ge­legt wer­den. Die Sorg­falts­pflich­ten sol­len ab dem 01.01.2023 für deut­sche gro­ße Unter­neh­men mit einer Min­dest­be­schäf­tig­ten­zahl von 3.000 Beschäf­tig­ten gel­ten und ab dem 01.01.2024 auch für klei­ne­re Unter­neh­men mit min­des­tens 1.000 Beschäf­ti­gen. § 1 Abs. 3 weist dies­be­züg­lich eine inter­es­san­te Rege­lung für Kon­zer­ne auf: Danach wer­den inner­halb von ver­bun­de­nen Unter­neh­men nach § 15 AktG die Arbeit­neh­mer sämt­li­cher kon­zern­an­ge­hö­ri­ger Gesell­schaf­ten bei der Berech­nung der Arbeit­neh­mer der Kon­zern­mut­ter berücksichtigt.

Zu den Risi­ko­fel­dern des Geset­zes zäh­len ins­be­son­de­re Zwangs­ar­beit, Kin­der­ar­beit, Dis­kri­mi­nie­rung, Anstellungs- und Arbeits­be­din­gun­gen sowie Umwelt­schä­di­gun­gen. Unter­neh­men sol­len ver­pflich­tet sein, ihren eige­nen Geschäfts­be­reich sowie den ihrer unmit­tel­ba­ren Zulie­fe­rer hin­sicht­lich Men­sch­rechts­ver­stö­ßen zu über­prü­fen. Im Rah­men die­ser Risi­ko­ana­ly­se soll nur eine beschränk­te Über­prü­fung der mit­tel­ba­ren Zulie­fe­rer durch die Unter­neh­men statt­fin­den. Die­se kann zum Bei­spiel erfor­der­lich sein, wenn das Unter­neh­men Kennt­nis von Beschwer­den der Mit­ar­bei­ter des mit­tel­ba­ren Zulie­fe­rers erlangt.

Unter­neh­men sol­len nach Abschluss der Risi­ko­ana­ly­se zusam­men mit ihrem Zulie­fe­rer oder bran­chen­in­tern Abhil­fe­maß­nah­men und Lösun­gen erar­bei­ten. Die Been­di­gung der Geschäfts­be­zie­hung soll dabei nur als Ulti­ma Ratio zur Ver­fü­gung stehen.

Die genann­ten Ver­pflich­tun­gen sol­len als Bemü­hens­pflich­ten aus­ge­stal­tet sein. Unter­neh­men sol­len danach nicht sämt­li­che Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen inner­halb der Lie­fer­ket­ten ver­hin­dern. Folg­lich sol­len, anknüp­fend an den Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz, nur ange­mes­se­ne und zumut­ba­re Maß­nah­men ver­langt wer­den. Dabei sind die Schwe­re des poten­zi­el­len Scha­dens, die Wahr­schein­lich­keit des Risi­kos sowie die Art der Geschäfts­tä­tig­keit des Unter­neh­mens zu berücksichtigen.

Kei­ne Haf­tung natio­na­ler Unternehmer

Das Sorg­falts­pflich­ten­ge­setz sieht kei­ne Scha­dens­er­satz­haf­tung deut­scher Unter­neh­men für aus­län­di­sche Scha­dens­fäl­le inner­halb der Lie­fer­ket­te vor. Unab­hän­gig davon steht für den Fall von Sorg­falts­pflicht­ver­let­zun­gen durch Unter­neh­men dem Bun­des­amt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le als Durchsetzungs- und Kon­troll­be­hör­de die Mög­lich­keit der Ver­hän­gung von erheb­li­chen Zwangs- und Buß­gel­dern zur Ver­fü­gung. Nicht zu unter­schät­zen ist auch ein mög­li­cher Aus­schluss von der Ver­ga­be öffent­li­cher Auf­trä­ge, wel­cher bis zu drei Jah­re ver­hängt wer­den kann. Die­ser kann bereits ab einer Geld­bu­ße von 175.000 Euro erfolgen.

Fol­gen der Umset­zung für Unternehmen

Nach Anga­ben des BMAS sind in Deutsch­land ca. 3.500 Unter­neh­men von der Umset­zung betrof­fen. Der Ent­wurf soll noch im März dem Kabi­nett zum Beschluss vor­ge­legt wer­den. Eine Abstim­mung im Bun­des­tag ist noch für die aktu­el­le Legis­la­tur­pe­ri­ode angedacht.

Her­aus­for­de­run­gen für die Zukunft

Vor beson­de­ren Pro­ble­men ste­hen ab dem In-Kraft-Treten des Sorg­falts­pflich­ten­ge­set­zes Unter­neh­men mit hoch­kom­ple­xen Lie­fer­struk­tu­ren. Der Ent­wurf ist bereits jetzt hef­ti­ger Kri­tik aus­ge­setzt. Denn die Ver­ant­wor­tung von Unter­neh­men soll nach dem Ent­wurf unab­hän­gig von der Fähig­keit oder Bereit­schaft der Staa­ten bestehen. Nach Auf­fas­sung des Wirt­schafts­ver­ban­des Stahl- und Metall­ver­ar­bei­tung e.V. (WSM)  kön­ne dies aber nicht als Anlass dafür genom­men wer­den, die Ver­ant­wor­tung auf Unter­neh­men zu übertragen.

Fazit

Auf­grund der neu­ar­ti­gen Risi­ko­ana­ly­se stellt die bevor­ste­hen­de Umset­zung des Sorg­falts­pflich­ten­ge­set­zes eine wach­sen­de Her­aus­for­de­rung für deut­sche Unter­neh­men dar. Vor dem Hin­ter­grund der dro­hen­den hohen Buß­gel­der soll­ten Unter­neh­men daher ange­hal­ten sein, ein Com­pli­ance Manage­ment zur Ein­hal­tung von Men­schen­rech­ten im Rah­men ihrer Lie­fer­ket­ten zu eta­blie­ren. Dabei sind fol­gen­de Eck­punk­te zu beachten:

  • Anwend­bar­keit des Sorg­falts­pflich­ten­ge­set­zes? (abhän­gig von der Grö­ße des Unternehmens)
  • Risi­ko­ana­ly­se zur Iden­ti­fi­ka­ti­on von Ver­stö­ßen gegen Men­schen­rech­te (z.B. Ver­stoß durch unmit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Zulieferer)
  • Anlass für eine Über­prü­fung des mit­tel­ba­ren Zulie­fe­rers (z.B. Anlass durch Beschwer­den von Mit­ar­bei­tern des mit­tel­ba­ren Zulieferers)
  • Jähr­li­che Berichterstattung
  • Kon­ti­nu­ier­li­che Über­wa­chung und Kon­trol­le der Zulieferer
  • Lösun­gen mit dem Zulie­fe­rer oder bran­chen­in­tern ermitteln
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