Unter welchen Umständen den Händler eine Untersuchungspflicht trifft, hat das Brandenburgische OLG ausgeführt. Die Klägerin ist Betreiberin eines Reiterhofs. Hierfür erwarb sie von der Beklagten, die Fachhändlerin für Agrar- und Stallbedarf ist, ein Fressgitter-Paneel. Die Klägerin behauptete, dass dieses mangelhaft sei, weil die Querstreben nicht in tiergerechtem Abstand seien. Eines ihrer Pferde habe sich in diesen verfangen und daraufhin Verletzungen erlitten, die ein Einschläfern des Pferdes unumgänglich machten. Die Klägerin verlangte von der Beklagten ausschließlich Ersatz für den entstandenen finanziellen Schaden, der durch die Einschläferung des Pferdes entstanden ist. Das LG Potsdam sprach der Klägerin Schadenersatz zu. Die Beklagte ging daraufhin in Berufung vor dem Brandenburgischen OLG (Urt. v. 18.02.2020 – 6 U 50/18).
Die Berufung hatte Erfolg. Zwar wurde nach einem (bereits vom LG Potsdam) angeforderten Gutachten ein Mangel hinsichtlich des Fressgitter-Paneels bejaht. Ein Schadenersatzanspruch bestand laut des OLG nicht, da den Verkäufer kein Verschulden trifft, das zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches notwendig wäre. Das Verschulden wird eigentlich vermutet, allerdings konnte die Beklagte sich entlasten. Die Anforderungen, die an das Verschulden gestellt werden, können sich nach dem ProdSG richten. Das OLG stellte klar, dass ein Futtergerät aufgrund produktsicherheitsrechtlicher Vorschriften zwar nur auf dem Markt bereitgestellt werden darf, wenn Sicherheit und Gesundheit von Personen bei bestimmungsgemäßer Verwendung nicht gefährdet werden. Im vorliegenden Fall war allerdings nicht die Sicherheit und Gesundheit einer Person gefährdet – sondern die eines Pferdes. Deswegen richten sich die Anforderungen an das Verschulden und die Entlastung des vermuteten Verschuldens nach dem BGB. Die Beklagte war vorliegend nur Händlerin. An die Entlastung des Händlers werden grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt. Der Händler hat gegenüber dem Käufer keine allgemeine Untersuchungspflicht. Eine ausführliche Untersuchung der Ware hat nur stattzufinden, wenn besondere Anhaltspunkte bestehen.
Das OLG stellte abschließend fest, dass Ansprüche aus dem ProdHaftG nicht infrage kämen. Die Beklagte sei nicht Herstellerin und die Schäden seien auch deshalb nicht nach dem ProdHaftG zu ersetzen, weil das Produkt ausschließlich geschäftlich verwendet wird, was eine Haftung nach dem ProdHaftG regelmäßig ausschließt. Damit bestätigte das OLG die ständige Rechtsprechung. Für die Klägerin bedeutete dies, dass sie auf ihrem Schaden sitzen blieb. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof.
Praxistipp
Auch Händler müssen ihren Untersuchungsobliegenheiten nachkommen. Wie diese konkret ausgestaltet sind, richtet sich allerdings stets nach dem Einzelfall. Der Händler muss aufmerksam sein und – falls besondere Umstände vorliegen – die Ware ggf. eindringlich untersuchen. Sonst könnte er später haften, falls es zu einem Schaden kommt.
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