Die Problematik von gestörten Lieferketten nimmt kein Ende. Ob Chipkrise, COVID-19-Pandemie oder erhöhte Rohstoffpreise: all das fordert seinen Tribut durch die gesamte Lieferkette hinweg. Dass die Automobilzulieferer hierbei besonders bedroht sind, zeigt eine jüngst veröffentlichte Grafik zur “Prognose zum Anteil insolvenzbedrohter kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland nach Branchen 2022–2025.” Diese stellt den Automobilzulieferern kein gutes Zeugnis aus.
Ausgangssituation
Gründe für die Störungen in Lieferketten sind vielschichtig. Eine Ursache stellt dabei die COVID-19-Pandemie dar. Werk- und Hafenschließungen führen zu einer Behinderung der Produktion und des Transports. Punktuelle Ereignisse wie die Blockade des Suez-Kanals verstärken diese Wirkung. Parallel dazu steigt die Nachfrage nach bestimmten Materialien und Rohstoffen (z.B. Halbleiter und Mikrochips). Die Verfügbarkeit auf dem Markt ist gering, die Preise sind entsprechend hoch.
Gerade in der Automobilindustrie machen sich diese Störungen bemerkbar. Aufgrund der unterschiedlich starken Positionierung der Akteure innerhalb der Lieferketten gehen diese Störungen in den allermeisten Fällen nicht zulasten der OEM, sondern ihrer Zulieferer. Bestehende Vertragswerke zwischen OEM und Zulieferer verstärken diesen Effekt. Die oftmals starke Verhandlungsposition der OEM führt nämlich dazu, dass die Risikoverteilung für Störungen und Vorkommnisse im Rahmen der zahlreichen Verträge zwischen OEM und ihren Zulieferern zum Nachteil Letzterer geregelt ist. Das ist einer der Gründe, weshalb es den OEM trotz der angespannten Lage möglich ist, Gewinne einzufahren, während auf der Verliererseite insbesondere kleinere und mittlere Automobilzulieferer stehen.
Was nun?
Eine Verbesserung dieser Situation für die Zulieferer lässt sich, ganz grundlegend, durch eine sorgfältige und vorausschauende Vertragsgestaltung erreichen. Die Vereinbarung von Selbstbelieferungsvorbehaltsklauseln und Materialpreisgleitklauseln sind dabei nur zwei Beispiele, die Abstimmung über Abweichungen von Bestellvolumina und Leadtimes und damit einhergehenden Preisanpassungen ein drittes, kürzere Preisbindungsfristen ein viertes.
Allerdings wird sich auch der Umgang miteinander ändern müssen: Zulieferer müssen sich stärker positionieren und Nachteile in ihrer Sandwichposition klar benennen und angehen, das kann auch dazu führen, dass OEM bzw. übergeordnete Tiers stärker in die Dreiecksbeziehungen mit Sublieferanten einbezogen werden müssen.
Fazit
Die aktuelle Entwicklung zeigt wieder, wie wichtig es für Zulieferer ist, kommerzielle, aber auch rechtliche Risiken vor Eintritt in Geschäftsbeziehungen zu bewerten und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Vertragsgestaltung stellt dabei ein probates Mittel dar. Bestehende Verträge sollten deshalb überprüft werden, um eine Risikoeinschätzung zu ermöglichen und entsprechend gut vorbereitet Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten anzustoßen. Zukünftige Verträge sollten so verhandelt werden, dass Risiken bereits zu Beginn weitestgehend minimiert werden.
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