Was tun, wenn das Gas ausbleibt?

Ver­sor­ger in Schief­la­ge und Ver­sor­gungs­si­cher­heit in Gefahr – Umla­gen sol­len hel­fen (und belas­ten die Endabnehmer)

Auf­grund der aktu­el­len (Welt-)Marktsituation, ins­be­son­de­re beein­flusst durch die euro­päi­schen Sank­tio­nen auf­grund des Russland-Ukraine-Krieges, kam es in den ver­gan­ge­nen Mona­ten zu erheb­li­chen Ener­gie­kos­ten­stei­ge­run­gen, die nahe­zu alle Unter­neh­men inner­halb der Lie­fer­ket­ten betref­fen. Die­se ohne­hin schon schwie­ri­ge Lage wird durch die Dros­se­lung der Gas­lie­fe­run­gen nach Deutsch­land und die finan­zi­el­le Schief­la­ge der Gas­ver­sor­ger noch ein­mal ver­schärft. Auf­grund der kri­ti­schen Ver­sor­gungs­la­ge wur­de bereits am 23. Juni die “Alarm­stu­fe” des “Not­fall­plans Gas” aus­ge­ru­fen. Dabei han­delt es sich um die zwei­te von drei Eska­la­ti­ons­stu­fen, die bereits enge Über­wa­chungs­pflich­ten für die Gas­ver­sor­gung mit sich bringt.

Um die­se Schief­la­ge abzu­fe­dern und Insol­ven­zen und damit ein­her­ge­hen­de wei­te­re Unsi­cher­hei­ten zu ver­hin­dern, wird die Bun­des­re­gie­rung zum 1. Okto­ber 2022 eine Gas­preis­um­la­ge ein­füh­ren. Die­se beruht auf § 26 Ener­gie­si­cher­heits­ge­setz und ver­teilt die gestie­ge­nen Markt­prei­se auf alle End­ab­neh­mer von Gas, unab­hän­gig ob Ver­brau­cher oder Unter­neh­mer, staat­lich oder nicht­staat­lich. Dar­über hin­aus wird ein wei­te­rer Kos­ten­fak­tor in Gestalt einer Spei­cher­um­la­ge auf die Gas­ab­neh­mer zukom­men, die auf § 35e Ener­gie­wirt­schafts­ge­setz beruht.

Damit wer­den sowohl die Mehr­kos­ten für Ersatz­be­schaf­fung der Gasim­por­teu­re (mit­tels der Gas­um­la­ge) als auch die Kos­ten, die mit der Sicher­stel­lung der Ver­sor­gungs­si­cher­heit ein­her­ge­hen (mit­tels Spei­cher­um­la­ge), abge­fe­dert und an die Gas­ab­neh­mer (weiter)belastet.

Hoher Gas­preis – ein Grund zur Vertragsanpassung?

Gestie­ge­ne Ener­gie­kos­ten belas­ten Unter­neh­men durch die Bran­chen hin­weg. Jedoch ist es nicht ohne wei­te­res mög­lich, die­se Kos­ten mit­tels (Preis-/Vertrags-)Anpassungen inner­halb der Lie­fer­ket­te wei­ter­zu­ge­ben bzw. zu verteilen.

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs sind Preis­an­pas­sun­gen nur in sehr engen Aus­nah­me­fäl­len mög­lich. Ob bereits eine Ver­dopp­lung des Gas­prei­ses aus­reicht, um die Hür­den für sol­che Aus­nah­me­fäl­le zu über­schrei­ten, ist unklar. Jeden­falls dann, wenn die gegen­wär­ti­gen Pro­duk­ti­ons­kos­ten für Unter­neh­men rui­nös sind, soll­te dies jedoch der Fall sein. Hier ist der kon­kre­te Ein­zel­fall aus­schlag­ge­bend. Wich­tig ist inso­fern eine früh­zei­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Kun­den, um Lie­fer­aus­fäl­len vor­zu­beu­gen bzw. die­se – soll­te auf­grund der Kos­ten kein Gas mehr bezo­gen wer­den kön­nen – mit genü­gend Vor­lauf anzu­kün­di­gen. Das gibt dem Kun­den die Zeit und Mög­lich­keit für Abhil­fe­maß­nah­men und Scha­dens­mi­ni­mie­rung. Bei Abschluss neu­er Ver­trä­ge emp­fiehlt es sich, ins­be­son­de­re Preis­an­pas­sungs­klau­seln für die Zukunft aufzunehmen.

Was tun, wenn kein Gas mehr kommt?

Ein mög­li­ches Zukunfts­sze­na­rio ist eine Ratio­nie­rung der Gas­aus­ga­be. In einem sol­chen Fall obliegt es der Bun­des­netz­agen­tur zu bestim­men, an wen wie viel Gas gelie­fert wird. Ein ent­spre­chen­der Plan zur Prio­ri­sie­rung und Ver­tei­lung der Gas­be­stän­de wird aktu­ell aus­ge­ar­bei­tet. Eine Ratio­nie­rung kann natur­ge­mäß auch Unter­neh­men tref­fen. Die Ent­schei­dung, ob und in wel­chen Men­gen ein Unter­neh­men wei­ter­hin Gas­lie­fe­run­gen erhält, wird von ver­schie­de­nen Fak­to­ren abhän­gen, bei­spiels­wei­se, ob wich­ti­ge Güter für die All­ge­mein­heit pro­du­ziert wer­den. Zwar gibt es kei­nen for­ma­len „Prio­ri­sie­rungs­an­trag“. Aller­dings soll­ten Unter­neh­men bereits jetzt über­prü­fen, ob und inwie­weit sie sol­che Prio­ri­sie­rungs­fak­to­ren erfül­len, und soll­ten dies der Bun­des­netz­agen­tur mitteilen.

Soll­te die Belie­fe­rung mit Gas ein­ge­stellt wer­den und muss ein Unter­neh­men des­halb sei­ne Pro­duk­ti­on ein­stel­len, kann es sei­ne ver­trag­li­chen Pflich­ten gegen­über sei­nen Kun­den nicht mehr erfül­len. Ohne Gas ist in den meis­ten Fäl­len kei­ne Pro­duk­ti­on und mit­hin auch kei­ne Lie­fe­rung mehr mög­lich. Unge­ach­tet einer mög­li­chen Ein­ord­nung als Ereig­nis „höhe­rer Gewalt“ auf ver­trag­li­cher Grund­la­ge kann dar­in auch ein Fall der Unmög­lich­keit nach § 275 BGB lie­gen. Danach kann der Kun­de die Leis­tung nicht mehr ver­lan­gen oder dem betrof­fe­nen Unter­neh­men steht das Recht zu, sei­ne Leis­tungs­er­brin­gung zu ver­wei­gern. In der Regel ist das Unter­neh­men dann gegen­über sei­nem Kun­den zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet. Da dem mög­li­chen Gas­lie­fer­stopp aller­dings eine staat­li­che Maß­nah­me zugrun­de liegt, hat das betrof­fe­ne Unter­neh­men „nicht zu ver­tre­ten“, dass es sei­nen Ver­trags­pflich­ten nicht nach­kom­men kann. Damit ent­fällt eine etwa­ige Scha­dens­er­satz­pflicht wegen des feh­len­den Ver­schul­dens. Not­wen­dig bleibt aber, dem jewei­li­gen Kun­den unver­züg­lich mit­zu­tei­len, dass Pro­duk­ti­on und Lie­fe­rung nicht mög­lich sind, damit die­ser gege­be­nen­falls noch Abhil­fe schaf­fen und sei­nen eige­nen Scha­den min­dern kann. Unter­bleibt dies, so könn­te bereits hier­in eine scha­dens­er­satz­pflich­ti­ge Ver­trags­ver­let­zung sei­tens des betrof­fe­nen Unter­neh­mens zu sehen sein.

Fazit

Die Lage auf dem Gas­markt ist dyna­misch – und unüber­sicht­lich. Abzu­war­ten blei­ben ins­be­son­de­re die Höhe der Gas­preis­um­la­gen sowie die Art der Prio­ri­sie­rung im Fal­le einer Ratio­nie­rung. Auf­grund die­ser unsi­che­ren Situa­ti­on ist es wich­tig, bereits jetzt Vor­keh­run­gen zu tref­fen. Dies kön­nen ver­trag­li­che Anpas­sun­gen (Preis­an­pas­sung, Kün­di­gung) sein, die Über­prü­fung aktu­el­ler Ver­trä­ge auf “Höhe­re Gewalt”-Klauseln, eine enge Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Kun­den, aber auch eine ent­spre­chen­de Kon­takt­auf­nah­me mit der Bundesnetzagentur.

zurück

Bleiben Sie
up to date

Wir verwenden Ihre E-Mail-Adresse ausschließlich für den Versand unseres Newsletters. Sie können Ihre Einwilligung hierfür jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.