Prominent platziert von den Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie für Arbeit und Soziales wird seit Monaten das “Lieferkettengesetz” heftig diskutiert. Bis heute liegt jedoch kein verbindlicher Gesetzesentwurf vor. Lediglich einzelne Kernpunkte und Forderungen wurden bisher bekannt gegeben. Parallel hierzu regt sich auf EU-Ebene einiges, man hat dort Arbeitsgruppen beauftragt. Es ist damit zu rechnen, dass es auch in nicht allzu ferner Zukunft auf internationaler Ebene im europäischen Rahmen zu verpflichtenden Vorgaben kommen wird. Sollten sich die bisher bekannt gewordenen Strukturen und Inhalte bewahrheiten, ähneln diese sehr dem, was bisher für das Lieferkettengesetz bekannt wurde.
Hintergrund und derzeitiger Stand der Dinge
2011 beschlossen die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die staatliche Schutzpflichten sowie unternehmerische Verantwortungsbereiche zur Achtung von Menschenrechten in globalen Lieferketten definieren. Mit ihrem “Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien” (NAP) (PDF) setzte die Bundesregierung im Dezember 2016 zunächst auf Freiwilligkeit der deutschen Unternehmen. Deren Geschäfte sollten keine negativen Auswirkungen auf grundlegende Rechte haben dürfen. Da zwei Erkenntnisrunden nur spärlich und schlechte Ergebnisse zutage brachten, haben die Bundesministerien laut eigener Aussage nun erste Entwürfe des “Lieferkettengesetzes” basierend auf entsprechenden Vereinbarungen im NAP und dem aktuellen Koalitionsvertrag ausgearbeitet.
Bereits bekannte Eckpunkte
Das Gesetz soll in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern verpflichten und den inhaltlichen Fokus auf “relevante Risikofelder” wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder Diskriminierung legen. Die Maßgaben sollen sich an den bereits erwähnten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den OECD-Leitsätzen (PDF) zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für multinationale Unternehmen orientieren. Es sollen sowohl Handlungs- als auch Berichtspflichten definiert werden. In diesem Zusammenhang ist auch von der Zuständigkeit einer Bundesbehörde mit Kontrollfunktion die Rede. Grundlegende Aufgabe der Unternehmen soll sein, potenziell nachteilige Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Menschenrechte zu ermitteln, zu analysieren und vorzubeugen, zu minimieren oder gar zu beheben. Es sollen auch Bußgelder gegen die Unternehmen sowie gerichtlich durchsetzbare Ersatzansprüche für Geschädigte formuliert werden. Sowohl die Bußgelder als auch die Ersatzansprüche sollen jedoch davon abhängen, dass die Unternehmen ihrer “Bemühungspflicht” nicht nachkommen. Aus juristischer Sicht bedeutet das: Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt ergeben sich aus den Anforderungen, die bei einer Ex-ante-Betrachtung an eine besonnene und gewissenhafte Unternehmensführung in der konkreten Lage und sozialen Rolle der Handelnden zu stellen sind. Wenn also im Rahmen der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten das getan wurde, was man vernünftigerweise erwarten durfte, und es dennoch zu einer Schädigung kommt, scheidet eine Haftung aus.
Folgen der Umsetzung der derzeit bekannten Inhalte für Unternehmen
Es bleibt offen, ob es dieses Gesetz überhaupt noch in dieser Legislaturperiode in den Bundestag schafft oder am Ende die Europäische Union ihm nicht sogar mit einer eigenen Regelung zuvorkommt.
Herausforderungen für die Zukunft
Die bisher bekannten Anforderungen gehen deutlich weiter als bisher bestehende gesetzliche Regelungen. Dies wird vor allem bei hochkomplexen Lieferstrukturen mit stetig wechselnden Stakeholdern zum Tragen kommen. Betroffene Unternehmen werden insoweit nicht nur im Hinblick auf die Notwendigkeit der Schaffung eigener Strukturen und Ressourcen vor großen Herausforderungen stehen. Diese werden sich auch auf externe Strukturen wie beispielsweise Informations- und Analyseplattformen oder Kontrolldienstleister erstrecken.
Derart umfassende “tools” und verbindliche Standards, nach denen sich die Wirtschaft richten könnte, sind nur vereinzelt vorhanden. Auch die potenzielle Belastung mit empfindlichen Bußgeldern und Ersatzansprüchen wird entsprechenden Druck auf Unternehmen ausüben, dem letztlich nur mit erheblichem Aufwand begegnet werden kann. Insofern ist es dringend angebracht, sich hinsichtlich der weiteren Entwicklungen “up to date” zu halten und bestenfalls bereits jetzt Analysen zur eigenen Unternehmens- und Lieferantenstruktur sowie zum eigenen Umgang mit Nachhaltigkeitsforderungen zu fahren. Wenn schon jetzt kritische Bereiche und mögliche Lösungsansätze identifiziert und angegangen werden, reduziert dies den Stress in der Zukunft. Sprechen Sie uns gerne an.
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