Die MDR (PDF) definiert erstmals allgemeine Verpflichtungen der verschiedenen Wirtschaftsakteure innerhalb der Medizintechnik-Branche, einschließlich der Importeure! Auch Importeure unterliegen somit explizit einem eigenen Pflichtenkreis und damit im Verletzungsfalle auch besonderen Haftungsrisiken. In Einzelfällen können Herstellerpflichten auch für Importeure gelten.
Gemäß Artikel 2 MDR bezeichnet der Begriff “Importeur” jede in der Union niedergelassene natürliche oder juristische Person, die ein Produkt aus einem Drittland auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt. Je nachdem, ob das zwischen der EU und der Schweiz derzeit verhandelte Handelsabkommen (Mutual Recognition Agreement, “MRA”) unterzeichnet wird oder nicht, bzw. je nach Bestand eines Abkommens mit dem Vereinigten Königreich nach Ablauf der “Brexit-Übergangsfrist” werden auch die Schweiz und das Vereinigte Königreich als Drittstaaten im Sinne der MDR zu behandeln sein.
Allgemeine Pflichten der Importeure, Artikel 13 MDR
Die Pflichten der Importeure sind in Artikel 13 MDR aufgezeigt. Sie beziehen sich sowohl auf die Produktkonformität im engeren Sinne als auch auf die Interaktion zwischen Importeur und anderen Wirtschaftsakteuren wie dem Hersteller, dessen Bevollmächtigtem oder den zuständigen Aufsichtsbehörden.
Prüf- und Kooperationspflichten
Importeure dürfen in der EU ausschließlich Produkte in Verkehr bringen, die MDR-compliant sind. Es obliegt ihnen daher, die jeweiligen Produkte auf Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung und einer EU-Konformitätserklärung zu prüfen. Gleiches gilt für die korrekte Kennzeichnung der Produkte, das Vorhandensein einer MDR-konformen Gebrauchsinformation sowie einer Unique Device Identification Number (“UDI”). Dem Importeur muss der Hersteller der Produkte sowie dessen Bevollmächtigter (EC Rep) bekannt sein.
Ein Importeur, der Grund zur Annahme hat, dass ein Produkt nicht den Anforderungen der MDR entspricht, darf dieses Produkt nicht in Verkehr bringen, bevor die Konformität des Produkts hergestellt ist. In diesem Fall ist er verpflichtet, den Hersteller und dessen Bevollmächtigten zu informieren.
Importeure sind weiter verpflichtet, mit den zuständigen Behörden auf deren Ersuchen bei allen Maßnahmen zur Abwendung oder, falls dies nicht möglich ist, Minderung von Gefahren, die mit Produkten verbunden sind, die sie in Verkehr gebracht haben, zu kooperieren. Dies kann so weit gehen, dass Importeure einer zuständigen Behörde unentgeltliche Proben des Produkts zur Verfügung stellen oder der Behörde Zugang zu dem Produkt gewähren müssen. Dieser Aspekt sollte bereits im Rahmen der Vertragsverhandlung mit dem Hersteller bedacht werden. Je nach Ein- und Verkaufswert eines Produkts kann die Verpflichtung, zugunsten einer Behörde unentgeltlich auf eine “Produktprobe” zu verzichten, wirtschaftlich erheblich sein.
Kennzeichnungs- und Registrierpflichten
Importeure müssen auf den von ihnen in der Union in Verkehr gebrachten Produkten oder auf deren Verpackung oder auf einem beiliegenden Dokument Angaben machen zu ihrem Namen, ihrem eingetragenen Handelsnamen / ihrer Handelsmarke (sofern vorhanden), ihrer eingetragenen Niederlassung und der Anschrift, unter der sie zu erreichen sind. Sie müssen dabei dafür Sorge tragen, dass eine zusätzliche Kennzeichnung die Informationen auf der vom Hersteller angebrachten Kennzeichnung nicht verdeckt.
Die Importeure überprüfen außerdem, dass das Produkt in dem elektronischen System gemäß Artikel 29 MDR registriert ist. Sie ergänzen diese Registrierung durch ihre Daten gemäß Artikel 31 MDR. Diese Verpflichtungen setzen naturgemäß das Funktionieren der EUDAMED-Datenbank voraus.
Sonstige Pflichten
Die genannten Pflichten sind nicht abschließend. Es kommen weitere gesetzliche Pflichten im Zusammenhang mit der Lagerung und dem Transport der Produkte, die Pflicht, ein Beschwerderegister zu führen, bzw. spezielle Dokumentationspflichten hinzu.
All das können Importeure nur leisten, wenn Hersteller sie dazu in die Lage versetzen und ihrerseits Importeure mit den für sie notwendigen Informationen und Dokumenten versorgen. Hierauf sollten Importeure bei der Vertragsgestaltung mit den Herstellern besonders achten.
Importeur als Hersteller, Artikel 16 MDR
In Einzelfällen können den Importeuren die Pflichten eines Herstellers zufallen. Nach Artikel 16 MDR ist dies bei der Ausführung folgender Tätigkeiten der Fall:
- Bereitstellung eines Produkts auf dem Markt unter dem eigenen Namen, dem eigenen eingetragenen Handelsnamen oder der eigenen eingetragenen Handelsmarke, außer in den Fällen, in denen ein Händler oder Importeur eine Vereinbarung mit einem Hersteller schließt, wonach der Hersteller als solcher auf der Kennzeichnung angegeben wird und für die Einhaltung der nach dieser Verordnung für die Hersteller geltenden Anforderungen verantwortlich ist;
- Änderung der Zweckbestimmung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts;
- Änderung eines bereits im Verkehr befindlichen oder in Betrieb genommenen Produkts in einer Art und Weise, die Auswirkungen auf die Konformität des Produkts mit den geltenden Anforderungen haben könnte.
Änderungen der äußeren Verpackung eines bereits im Verkehr befindlichen Produkts, einschließlich Änderung der Packungsgröße, machen den Importeur nicht zum Hersteller, vorausgesetzt, dass das Umpacken erforderlich ist, um das Produkt in dem jeweiligen Mitgliedsstaat zu vermarkten, und sofern dies unter Bedingungen geschieht, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Bei Produkten, die steril in Verkehr gebracht werden, gilt, dass der Originalzustand der Verpackung beeinträchtigt ist, wenn die zur Aufrechterhaltung der Sterilität notwendige Verpackung beim Umpacken geöffnet, beschädigt oder anderweitig beeinträchtig wird.
Importeure müssen, sollten sie eine entsprechende Umverpackung vornehmen wollen, über ein eigenes Qualitätsmanagementsystem verfügen, das gewährleistet, dass der Originalzustand des Produkts erhalten bleibt und die Verpackung des umgepackten Produkts nicht fehlerhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist.
Fazit
Importeure treffen eine Vielzahl neuer gesetzlicher Pflichten mit dem Geltungsbeginn der MDR. In bestimmten Fällen können sie sogar in die Rolle des Herstellers eintreten. Importeure müssen sich darüber im Klaren sein und die erforderlichen Maßnahmen treffen, um diesen Pflichten ordnungsgemäß zu entsprechen. Gelingt dies nicht, unterliegen Importeure künftig auch aufgrund fehlender MDR-Compliance weiter reichenden Haftungsrisiken.
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