Pro­dukt­re­gu­la­to­rik als Teil eines tech­no­lo­gi­schen Decouplings?

Bereits im Sep­tem­ber 2024 ver­öf­fent­lich­te das US-Handelsministerium (Depart­ment of Commerce’s Bureau of Indus­try and Secu­ri­ty (BIS)) den Vor­schlag eines US-weiten Ver­bots für den Ver­kauf und Import von „con­nec­ted vehic­les“ und ent­spre­chen­den (Software-)-Komponenten, wenn die­se einen wesent­li­chen Bezug zu Russ­land oder Chi­na auf­wei­sen. Mit der Han­dels­be­schrän­kung will die ame­ri­ka­ni­sche Regie­rung einer­seits die Wett­be­werbs­nach­tei­le für die USA aus­glei­chen und ande­rer­seits mög­li­che Daten­schutz­rechts­ver­let­zun­gen oder gar Cyber­an­grif­fe ver­hin­dern. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die tief­grei­fen­den Ein­schrän­kun­gen bei­na­he alle US-Unternehmen der Auto­mo­bil­bran­che und deren Lie­fer­ket­ten betref­fen wer­den. Am 16.01.2025 wur­de der fina­le Text die­ser Rege­lung im Amts­blatt der US-Regierung ver­öf­fent­licht und ent­hält im Ver­gleich zum Ent­wurf eini­ge Anpassungen. 

(Zunächst) nur Per­so­nen­kraft­wa­gen betroffen

Ziel der Regie­rung war es ursprüng­lich, nahe­zu alle Neu­fahr­zeu­ge ab dem Modell­jahr 2027 betref­fend Soft­ware und ab dem Modell­jahr 2030 betref­fend Hard­ware unter der neu­en Rege­lung zu erfas­sen (für Fahr­zeug­ein­hei­ten ohne Modell­jahr­an­ga­be ab 1. Janu­ar 2029). Die fina­le Fas­sung beschränkt den Anwen­dungs­be­reich aus­schließ­lich auf Per­so­nen­kraft­wa­gen mit einem Gewicht von bis zu 4.536 Kilo­gramm bzw. 10.000 Pfund.

Damit sind bei­spiels­wei­se Nutz­fahr­zeu­ge, wie Bus­se oder Last­kraft­wa­gen, nicht von der Rege­lung erfasst. Zudem sind Fahr­zeu­ge aus­ge­schlos­sen, die nicht pri­mär am öffent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr teil­neh­men (land­wirt­schaft­li­che Fahr­zeu­ge oder Minen­fahr­zeu­ge). Das BIS kün­dig­te aber bereits sepa­ra­te Rege­lun­gen für jene Kraft­fahr­zeug­ar­ten an, die nicht von der Rege­lung betrof­fen sind.

Ein wei­tes Ver­ständ­nis von „Con­nec­ted Vehic­les“ und Ver­bin­dun­gen zu Russ­land und China

Nach Ansicht der US-Regierung ent­ste­hen Risi­ken, wenn (natür­li­che oder juris­ti­sche) Per­so­nen aus Russ­land oder Chi­na an der Ent­wick­lung oder Her­stel­lung bestimm­ter Fahr­zeug­kom­po­nen­ten „betei­ligt“ waren. In die­sem Zusam­men­hang sind auch Toch­ter­un­ter­neh­men von US-Unternehmen erfasst, sofern die­se ihren Sitz in Russ­land oder Chi­na haben und nach dem dort gel­ten­den Recht gegrün­det und orga­ni­siert sind. Künf­tig soll der (wis­sent­li­che) Ver­kauf von ver­netz­ten Fahr­zeu­gen in den USA ver­bo­ten sein, wenn dar­in bestimm­te Hard- oder Soft­ware­kom­po­nen­ten ver­baut sind, die von Per­so­nen mit einer aus­rei­chen­den Ver­bin­dung zu Chi­na oder Russ­land ent­wor­fen, ent­wi­ckelt, her­ge­stellt oder gelie­fert wer­den. Dies gilt auch dann, wenn das Fahr­zeug in den USA her­ge­stellt oder fer­tig­ge­stellt wur­de. Das Ver­bot umfasst auch den Import sol­cher Fahr­zeu­ge sowie die Ein­fuhr von VCS-Hardware.

Aus der wei­ten Defi­ni­ti­on des „con­nec­ted vehic­le“ ergibt sich, dass es nicht dar­auf ankommt, ob Fahr­zeu­ge mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren kön­nen. Viel­mehr reicht es aus, dass sie etwa zu einem Bluetooth‑, WiFi- oder Satel­li­ten­emp­fang fähig sind. Erfasst sind daher Soft- oder Hard­ware, die pri­mär die Kom­mu­ni­ka­ti­on von und zu ver­netz­ten Fahr­zeu­gen ermög­li­chen und dabei auch unter­ge­ord­ne­te Sys­te­me im Fahr­zeug steu­ern kön­nen. Das betrifft ins­be­son­de­re „VCS“ („vehic­le con­nec­ti­vi­ty sys­tems“) und „ADS“ („auto­ma­ted dri­ving sys­tems“), also Fahr­zeug­ver­net­zungs­sys­te­me und auto­ma­ti­sier­te Fahr­sys­te­me. Ein­be­zo­gen in die Defi­ni­ti­on ist etwa Soft­ware, bei der ein aus­län­di­sches Eigen­tums­in­ter­es­se jed­we­der Art besteht. Hin­ge­gen ist Soft­ware, die die­se Funk­tio­nen ledig­lich unter­stützt, in der fina­len Rege­lung nicht mehr erfasst. Eben­so ist ADS-Hardware vom Gel­tungs­be­reich ausgenommen.

Neue Compliance-Anforderungen

Impor­teu­re von VCS-Hardware und Her­stel­ler von Fahr­zeu­gen, die VCS-Hardware ver­wen­den bzw. die betrof­fe­ne Soft­ware ent­hal­ten, wer­den zur Abga­be von Kon­for­mi­täts­er­klä­run­gen ver­pflich­tet. Dar­in muss ins­be­son­de­re ver­si­chert wer­den, an kei­ner ver­bo­te­nen Hand­lung betei­ligt gewe­sen zu sein. Auf­zeich­nun­gen, die im Zusam­men­hang mit der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung ste­hen, müs­sen zehn Jah­re lang auf­be­wahrt wer­den. Hin­zu kommt, dass die Auf­zeich­nun­gen jedem rele­van­ten Geschäft bei­gefügt wer­den sol­len, eben­so wie sons­ti­ge unter­stüt­zen­de Unter­la­gen (Ver­trä­ge, Ein­fuhr­un­ter­la­gen, Ver­kaufs­rech­nun­gen etc.).

Aus­blick

Betrof­fe­ne Unter­neh­men wer­den ihre Lie­fer­ket­ten umge­hend gründ­lich über­prü­fen müs­sen. Wird dabei ein (künf­tig ver­bo­te­ner) Bezug zu Russ­land oder Chi­na fest­ge­stellt, kann dies erheb­li­che Aus­wir­kun­gen haben. Unter Umstän­den kön­nen Ände­run­gen des Pro­dukt­port­fo­li­os und/oder (kurz­fris­ti­ge) Lie­fe­ran­ten­wech­sel erfor­der­lich sein. Prä­ven­tiv wer­den lie­fer­ket­ten­be­zo­ge­ne Risi­ko­ana­ly­sen und Compliance-Management-Systeme auch die­se Aspek­te berück­sich­ti­gen müssen.

Fazit

Bereits der Vor­schlag der Biden-Regierung von Sep­tem­ber 2024 hat­te über­par­tei­li­che Zustim­mung erhal­ten; daher ist nicht damit zu rech­nen, dass das Ver­bot von der neu­en Regie­rung ab Janu­ar umge­sto­ßen wird, son­dern eher damit, dass es Mit­te März Wir­kung ent­fal­tet. Ein aus­führ­li­cher Bei­trag, der sich aller­dings noch mit dem Vor­schlag der Rege­lung von Sep­tem­ber 2024 befasst, befin­det sich auf der Web­sei­te unse­rer Koope­ra­ti­ons­kanz­lei Foley Lard­ner LLP. Die Pres­se­mit­tei­lung des BIS zur fina­len Fas­sung ist hier aufrufbar.

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