Bereits im Februar 2021 berichteten wir über den Referentenentwurf des SchnellLG, der im Dezember 2020 vom Bundesverkehrsministerium vorgestellt wurde. Der Regierungsentwurf wurde im März 2021 in den Bundestag eingebracht, zwei Monate später verabschiedet und ist im Juni 2021 in Kraft getreten.
Regelungsgehalt und Kritik
Das Gesetz soll die Bereitstellung einer flächendeckenden Infrastruktur für das schnelle Laden von Elektrofahrzeugen gewährleisten. Insgesamt 1.000 neue Ladestandorte sind geplant, wobei die nächste Ladesäule stets nicht mehr als 15 Minuten entfernt liegen soll. Das Gesetz regelt dazu in Grundzügen das Ausschreibungsverfahren von Schnellladeinfrastruktur sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Trotz der kurzen Stellungnahmefrist nach der Vorstellung des Referentenentwurfs wurde der Entwurf von verschiedenen Branchenverbänden (unter anderem vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und dem Bundesverband eMobilität) stark kritisiert. Die Kritik blieb im weiteren Verfahren jedoch weitestgehend ungehört.
Beanstandet wurde der zu enge Anwendungsbereich des SchnellLG, der sich nur auf reine Elektrofahrzeuge, jedoch keine Hybridfahrzeuge bezieht. Laut Gesetzesbegründung sei bei Fahrzeugen außerhalb des Anwendunsgbereiches (beispielsweise Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge) ein Laden auf der Langstrecke nicht zwingend erforderlich, da sie überwiegend zu Hause bzw. beim Arbeitgeber geladen werden. Auch eine Öffnungsklausel wurde trotz Beanstandung im SchnellLG nicht eingefügt. Eine Öffnungsklausel hätte erlaubt, neue Technologien außerhalb der bestehenden ohne langwierigen Änderungsprozess in den Anwendungsbereich des SchnellLG einzubeziehen und die neu entwickelten Fahrzeugformen “schnell ans (Lade-)Netz zu schließen”.
Von wesentlicher Bedeutung werden die durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur festzulegenden „technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen“ der Leistungserbringung sein. Dabei ist auch das Verhältnis zwischen dem Betreiber der Ladepunkte und den Mobilitätsanbietern relevant: So werden Betreiber gem. § 3 Abs. 3 SchnellLG verpflichtet, allen Mobilitätsanbietern gleichermaßen diskriminierungsfrei und zu marktgerechten Bedingungen Zugang zu den Ladepunkten anzubieten. Die Betreiber müssen sich also in ihren Geschäfts- und Vertragsbeziehungen mit den Mobilitätsanbietern arrangieren.
Ausblick
Die Ausschreibungen für den Netzausbau in Deutschland für die Schnellladeinfrastruktur haben im Oktober 2021 begonnen, mit einer finalen Vergabe wird im dritten Quartal 2022 gerechnet. Unklar ist, wie lange es im Anschluss dauern wird, die Ladeinfrastruktur tatsächlich auf- und auszubauen.
Eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur ist essenziell für E‑Mobilität. Sofern damit eine Erreichbarkeit der nächsten Ladesäule in 15 Minuten gewährleistet ist, wird dies viele Verbraucher ansprechen, die jetzt schon über die Anschaffung eines E‑Fahrzeuges nachdenken. Der Ausbau der Infrastruktur bietet aber auch Chancen für Unternehmen, in der Zukunftsbranche E‑Mobilität Fuß zu fassen.
Abzuwarten bleibt, welche marktwirtschaftlichen Konsequenzen das SchnellLG haben wird, insbesondere ob und wie der Absatzmarkt im Bereich E‑Mobilität steigen wird. Klar ist allerdings, dass die „technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen“ Auswirkungen auf die Mobilitätsbranche haben werden; denn sowohl Hersteller als auch Zulieferer werden ihre Geschäftstätigkeiten nach diesen Rahmenbedingungen ausrichten. Zudem wird das tatsächliche Angebotsspektrum der Mobilitätsanbieter den Verbraucher bei der Wahl seines E‑Fahrzeuges beeinflussen, was ebenfalls (Geschäfts-)Entscheidungen von Herstellern und somit auch Zulieferern beeinträchtigen wird. (Neue) Herausforderungen, unter anderem die (technische) Eignung der Fahrzeuge für die Ladesäulen, sollten durch Vertragsgestaltung (beispielsweise Beschaffenheitsvereinbarungen) durch die Lieferkette hinweg abgefangen werden.
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