Der Entwurf soll das Marktversagen bekämpfen
Am 28.12.2020 stellte das Bundesverkehrsministerium den Referentenentwurf eines Schnellladegesetzes (Entwurf eines Gesetzes zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge) vor. Zur Begründung heißt es, Deutschland könne die Klimaschutzziele nur durch erhebliche CO2-Einsparungen im Verkehrssektor erreichen. Hierfür sei insbesondere die Elektrifizierung des Straßenverkehrs unerlässlich. Die Umsetzung schreite jedoch nicht im gewünschten Umfang voran. Ursächlich hierfür sei das „Dilemma zwischen Ursache und Wirkung“: die unzureichende Ladeinfrastruktur lasse E‑Fahrzeuge weniger attraktiv erscheinen, der daraus resultierende geringe Absatzmarkt solcher Fahrzeuge sei auf die unzureichende Ladeinfrastruktur zurückzuführen.
Dieser Patt-Situation will die Bundesregierung durch eine “flächendeckende, bedarfsgerechte Bereitstellung von Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge” entgegentreten. Wesentliche Regelungsinhalte des Schnellladegesetzes sind dabei:
- Der Bund ermittelt den Bedarf und legt anschließend mindestens zehn Gebietslose fest, in denen er für einzelne Standorte die Anzahl der Schnellladepunkte, die Ausstattung und die Nebenanlagen bestimmt.
- Der Bund legt technische, wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen der Leistungserbringung fest, die von den Auftragnehmern des Bundes mit Blick auf die Zugänglichkeit, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Bedarfsgerechtigkeit oder Nutzerfreundlichkeit des Infrastrukturangebots zu beachten sind.
- Der Bund stellt in der frühen Marktphase (Markthochlaufphase) finanzielle Mittel bereit, um die Errichtung der Infrastruktur auch an wirtschaftlich weniger attraktiven Standorten sicherzustellen.
Erhebliche Kritik an der Umsetzung
Trotz einer sehr kurzen Stellungnahmefrist für Interessenvertreter (diese endete bereits am 05.01.2021) äußerten Verbände teils scharfe Kritik (BDEW, BEM). Diese zielt insbesondere auf den stark eingeschränkten Anwendungsbereich. Sämtliche Regelungen betreffen ausschließlich Fahrzeuge, die nur mithilfe einer Elektrobatterie angetrieben werden. Weder bestehende Lösungen (z.B. Plug-in-Hybride) noch in der Entwicklungsphase befindliche (z.B. E‑Trailer) oder künftig neu entwickelte Technologien (etwa im Wege einer Öffnungsklausel) werden berücksichtigt. Auch aus technischer Sicht bestehen Bedenken gegen den Entwurf, vor allem unter dem Aspekt, dass die vorgesehene Ladeleistung für Schnellladepunkte (mindestens 100 kV) nicht in Relation zur Systemspannungsebene festgesetzt wird.
Rechtliche Implikationen und Ausblick
Es ist zu erwarten, dass die künftig festzulegenden “technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen” erhebliche Auswirkungen auf die Branche haben werden. So könnten Automobilhersteller sich auf die Herstellung von Fahrzeugen beschränken, welche diese Anforderungen erfüllen. Dadurch wäre die gesamte Lieferkette betroffen, da auch Zulieferer im Zweifel ihre Geschäftstätigkeit nach diesen Rahmenbedingungen ausrichten müssen. Letztlich werden diese Aspekte auch bei der Vertragsgestaltung (etwa in Bezug auf Vereinbarung der Beschaffenheit und des Verwendungszwecks) sowie beim Compliance-Monitoring relevant. Denn ungeachtet der konkreten Umsetzung der Inhalte des Schnellladegesetzes ist der Gesetzgeber gefordert, diese mit dem bestehenden Rechtsrahmen (z.B. im EnWG, EMoG oder der LSV) in Einklang zu bringen.
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