Das RAPEX-System lebt von Informationen. Wenig überraschend, gilt die Pflicht der Unternehmensmeldung von gefährlichen Produkten gegenüber den Behörden als eine zentrale Voraussetzung für eine funktionierende Marktüberwachung. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden die Unternehmensmeldung im Lichte der neuen RAPEX-Leitlinien näher betrachtet werden.
Welche Produkte müssen gemeldet werden?
Eine Pflicht zur Meldung gegenüber den Behörden der Marktüberwachung besteht gemäß der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 2001/95/EG für Verbraucher- und Migrationsprodukte und gemäß Verordnung (EG) Nr. 765/2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten auch für Produkte, die einer Harmonisierungsrechts-vorschrift der EU unterliegen. Unerheblich ist bei den letztgenannten Produkten, ob sie für Verbraucher bestimmt sind oder dem reinen B2B-Warenverkehr zugeordnet werden können.
Wer muss melden und unter welchen Voraussetzungen?
Die Pflicht zur Meldung von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den vorgenannten Produktgruppen trifft grundsätzlich den betroffenen Wirtschaftsakteur, also den Hersteller bzw. seinen Bevollmächtigten, den Einführer sowie die Händler.
Erste Voraussetzung für die Pflicht zur Unternehmensmeldung ist, dass das Produkt ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Personen darstellt bzw. ein ernstes Risiko für ein anderes Rechtsgut, das durch die Harmonisierungsvorschriften geschützt wird. Beispielhaft sind hier Haustiere und anderen Sachen (Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG) sowie Verbraucherschutz und Umweltbelange zu nennen.
Darüber hinaus muss der betroffene Wirtschaftsakteur freiwillig präventive/restriktive Maßnahmen am Markt ergriffen haben, um die bestehende Gefahr abzuwenden. Wenn die Maßnahme von den Behörden der Marktaufsicht angeordnet wurde, erfolgt die Meldung in das RAPEX–System durch die Behörde.
Zu guter Letzt darf nicht auszuschließen sein, dass das Risiko grenzüberschreitende Auswirkungen hat. Hiervon dürfte jedoch gemäß der aktuellen Entwicklung auf Kommissionsebene zur effektiveren Gestaltung und Nutzung des RAPEX–Systems (Erwägungsgrund 52 der Sportbootrichtlinie 2013/53/EU) nur noch in den seltensten Ausnahmefällen auszugehen sein.
Gibt es Meldepflichten bei geringeren Risiken?
Eine Verpflichtung zur Meldung von freiwilligen Maßnahmen in das RAPEX-System, die in Bezug auf Produkte mit einem niedrigen Risiko verbunden sind, besteht weder nach der Richtlinie 2001/95/EG noch gemäß Verordnung (EG) Nr. 765/2008. Gemäß Art. 16 Richtlinie 2001/95/EG sind die Behörden der Marktaufsicht jedoch verpflichtet, die Verbraucher über jegliche Produktrisiken zu informieren.
Insoweit ermutigen die neuen RAPEX-Leitlinien im Sinne einer Förderung der Kohärenz des Meldesystems und der wirksamen Erfüllung dieser Informationspflichten die Behörden der Marktaufsicht, sämtliche Maßnahmen an das RAPEX-System zu melden, die gegenüber Produkten ergriffen wurden, und zwar gleichermaßen für alle Produktgruppen.
Konsequenterweise ist somit davon auszugehen, dass eine Unternehmensmeldung auch bei freiwilligen Maßnahmen in Bezug auf Produkte mit einem niedrigen Risiko intendiert ist. Denn die Behörden können den Empfehlungen der EU-Kommission nur effektiv nachkommen, wenn sie über sämtliche Risiken und Maßnahmen informiert wurden.
In welchem Zeitraum muss die Meldung erfolgen?
Die zuständigen Behörden sind grundsätzlich sofort über bestehende Risiken und ergriffene Maßnahmen zu informieren. Bei geringen Risiken muss eine Meldung an die zuständige Behörde der Marktaufsicht spätestens nach zehn Tagen erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob die Untersuchungen noch andauern, oder bereits abgeschlossen sind. Bei einem ernsten Risiko verkürzt sich diese Meldefrist auf drei Tage beginnend ab dem Zeitpunkt, ab dem das Unternehmen das Risiko kannte oder hätte kennen müssen.
Hinweise für die Praxis
Es ist davon auszugehen, dass die Behörden der Marktaufsicht durch die neuen RAPEX-Leitlinien auch für das Thema der Unternehmensmeldungen sensibilisiert werden. Unternehmen sollten daher auch bei geringen Produktrisiken eine proaktive Kommunikation zur Behörde pflegen und im Einzelfall mit dieser abstimmen, ob eine Meldung erfolgen muss. Nach den Vorgaben der Europäischen Kommission kann eine Meldung nur dann unterbleiben, wenn „seltene Umstände oder Produkte“ vorliegen, die keiner Nachprüfung, Kontrolle oder sonstiger Maßnahme durch die Behörden bedürfen und keine brauchbaren Erkenntnisse zur Risikobewertung und zum Verbraucherschutz liefern, etwa weil klar ist, dass sich das Risiko nur auf eine begrenzte Zahl gut identifizierter Produkte (oder Chargen) bezieht und dem Hersteller oder Händler konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Risiko voll beherrschbar ist.
Bei einer unterlassenen, unrichtigen oder verspäteten Meldung drohen einem Unternehmen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro.
Weiterführende Links:
- Die neuen RAPEX-Leitlinien
- Business Gateway zur Meldung von ergriffenen Maßnahmen an die zuständigen Behörden