Die Rolle des Product Compliance Management Systems bei der Bewältigung regulatorischer Komplexität.
Die Relevanz von Product Compliance Management Systemen (PCMS) zur prozessualen Abbildung regulatorischer Produktanforderungen nimmt kontinuierlich zu. Viele neue EU-Regeln enthalten Verpflichtungen für adressierte Akteure, Prozesse für die rechtssichere Umsetzung rechtlicher Vorgaben zu implementieren. Dieses Erfordernis kann auch bei der Bemessung von Geldbußen relevant werden.
Pflichtenkatalog für Unternehmen wächst
Mit den neuen Nachhaltigkeitsregelungen, insbesondere zur Umsetzung des Green Deals, nimmt auch die Anzahl der Regelungen sowie die Komplexität der Produktregulatorik weiter zu. Trotz der Bestrebungen der EU, die Bürokratie zu verringern und Unternehmen dadurch wettbewerbsfähiger zu machen, wird der Pflichtenkatalog für Unternehmen immer größer. Dadurch sind Unternehmen auch immer umfassenderen Haftungsrisiken ausgesetzt. Um Sanktionen zu vermeiden, müssen zahlreiche rechtliche Pflichten eingehalten werden. Die Auswahl und Umsetzung einschlägiger Vorgaben kann über ein PCMS gesteuert und auf operativer Ebene rechtssicher abgebildet werden.
PCMS als gesetzliche Vorgabe
Darüber hinaus wird die Implementierung eines PCMS auch auf gesetzlicher Ebene gefordert. So normiert Art. 11 Abs. 2 EUDR die Implementierung eines PCMS als angemessene und verhältnismäßige Maßnahme zur Risikominimierung. Auch Art. 14 GPSR fordert „interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit“ entlang des gesamten Lebenszyklus. Welche konkreten Maßnahmen und Verfahren der Hersteller implementieren müssen, ist gesetzlich nicht vorgegeben. Auf Produktebene kann jedoch nur ein PCMS die immer komplexer werdenden Produktvorgaben abbilden und die notwendigen Organisations‑, Kommunikations- und Eskalationsregelungen vorhalten, die dem vollen behördlichen Zugriff unterliegen.
Sanktionsrelevante Auswirkungen
Zu guter Letzt hat die Implementierung eines PCMS auch sanktionsrelevante Auswirkungen. Um beispielsweise Vorwürfe einer ordnungswidrigen Aufsichtspflichtverletzung gemäß §§ 130, 9 OWiG gegenüber Leitungspersonen sowie Geldbußen gemäß § 30 OWiG gegenüber Unternehmen zu vermeiden, sind angemessene Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Unternehmen rechtlich erforderlich. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 9.5.2017 in Einklang mit der Sichtweise deutscher Behörden klargestellt, dass ein wirksames PCMS sowohl präventiv als auch nachträglich sanktionsmildernd bei der Bemessung von Verbandsgeldbußen nach § 30 OWiG berücksichtigt werden kann. Fehlen solche Maßnahmen oder bestehen erhebliche Mängel, kann sich dies hingegen sanktionsverschärfend auswirken.
Product Compliance Management ist mehr als administrativer Formalismus, sondern eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie und prozessbasierte Sicherung von Unternehmenserfolg. Jedes Unternehmen, das Product Compliance ernst nimmt, implementiert ein PCMS als unverhandelbaren Teil der eigenen Unternehmenskultur.
Der erste Schritt hin zu Implementierung eines PCMS ist die systematische Analyse des Reifegrads der unternehmenseigenen Prozesslandschaft im Sinne einer GAP-Analyse und der Identifizierung kritischer Lücken im System. Basierend auf dem Ist-Zustand sollten in der Implementierungsphase Ziele, Rollen und Verantwortlichkeiten, Kommunikations- und Eskalationsprozesse sowie Schnittstellen und Lenkungsprozesse definiert werden, um die Sicherheit und Product Compliance über den gesamten erwartbaren Lebenszyklus eines Produkts hinweg auf operativer Ebene abzusichern.
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