Ritterschlag für effektive Strukturen
Die Zeiten, in denen das Stichwort Compliance bei Verantwortlichen in Unternehmen nur Schulterzucken auslöste, dürften bereits länger der Vergangenheit angehören. Zusätzlich hat der BGH in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16) nun noch einmal die Relevanz eines effektiven Compliance Management Systems unterstrichen.
Die Notwendigkeit einer effektiven Compliance Struktur war dabei vor allem zu Beginn ernsthaft bezweifelt worden. Und auch heute fehlt in vielen Unternehmen noch immer die Umsetzung eines Compliance-Konzepts. Dabei sollte sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass ein Compliance Management System schon allein unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung reputationsschädigender Ermittlungen und Verfahren zu implementieren ist. Hinzu kommt, dass in Zeiten von DSGVO und empfindlichen Bußgeldern im Wettbewerbsrecht (bis zu zehn Prozent des erzielten Gesamtumsatzes des vorausgegangenen Geschäftsjahres) auch empfindliche finanzielle Folgen drohen. Weiterhin kann das Instrument des Compliance Managements auch Ineffektivitäten interner Prozesse aufdecken und entfaltet damit einen Doppelnutzen.
Über diese Erwägungen hinaus hat der BGH nun einen weiteren Grund zur Implementierung eines derartigen Systems geliefert, über welchen in der Literatur bereits länger diskutiert wurde. Konkret geht es um die enthaftende / bußgeldmindernde Berücksichtigung von Compliance-Management-Systemen. Im vorliegenden Fall war der Mitarbeiter eines Rüstungsunternehmens u.a. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt worden. Gegen das Unternehmen, bei welchem der Mitarbeiter angestellt war, wurde ein Bußgeld nach § 30 I OWiG verhängt. Bezüglich der Bemessung der Geldbuße stellte der BGH (Revision) fest, dass es „von Bedeutung (ist), inwieweit die Nebenbeteiligte ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss (…). Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob die Nebenbeteiligte in der Folge dieses Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und ihre betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden.“
Damit weist der BGH recht deutlich erkennbar auf die Berücksichtigung eines effizienten Compliance Management Systems hin. Sogar das Verhalten in der Folge des Verfahrens soll demnach berücksichtigt werden, wenn das betreffende Unternehmen künftige Normverletzungen durch eine Optimierung der Compliance-Struktur „jedenfalls deutlich erschwert“.
Das Urteil unterstreicht damit die schon bisher große Relevanz eines effektiven Compliance Management Systems. Es lässt sich also zusammenfassen, dass ein entsprechendes System nicht nur Verstöße vermeiden kann, sondern selbst im ungünstigen Falle des Verstoßes einen mildernden Effekt auf die Höhe des zu verhängenden Bußgeldes haben kann. Damit sollten nun auch zögernde Unternehmen erkennen, dass der Vielfachnutzen der Implementierung etwaige Mehrkosten mehr als ausgleichen dürfte.
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