Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm: Schmer­zens­geld bei ver­spä­te­ter Datenschutz-Auskunft

Mit Urteil vom 11.05.2021 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Hamm (Az. 6 Sa1260/20) einer Kla­ge auf imma­te­ri­el­len Scha­dens­er­satz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO statt­ge­ge­ben und einer ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­te­rin ein Schmer­zens­geld i.H.v. 1.000 € zuge­spro­chen. Den Daten­schutz­ver­stoß sah das Gericht dabei in einer ver­spä­te­ten Aus­kunft nach Art. 15 DSGVO.

Zum Sach­ver­halt

Der Ent­schei­dung lag eine Kün­di­gungs­schutz­kla­ge einer ehe­ma­li­gen Arbeit­neh­me­rin (Klä­ge­rin) gegen ihren Arbeit­ge­ber (Beklag­te) zugrun­de. Die Klä­ge­rin hat­te einen Anspruch auf Schmer­zens­geld nach Art. 82 DSGVO gel­tend gemacht. Ihren Anspruch stütz­te sie auf ein über sechs Mona­te nicht erfüll­tes Aus­kunfts­be­geh­ren nach Art. 15 DSGVO. Die Beklag­te hat­te weder Aus­kunft dar­über erteilt, ob und zu wel­chem Ver­ar­bei­tungs­zweck und nach wel­chen Kate­go­rien sie per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten der Klä­ge­rin verarbeitet.

Eck­punk­te der Entscheidung

Das LAG Hamm sah einen imma­te­ri­el­len Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO gege­ben. Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO kann jede Per­son, der ein mate­ri­el­ler oder imma­te­ri­el­ler Scha­den auf­grund eines Ver­sto­ßes gegen die DSGVO ent­stan­den ist, einen Anspruch auf Scha­dens­er­satz gegen den Ver­ant­wort­li­chen oder den Auf­trags­ver­ar­bei­ter gel­tend machen. Durch die feh­len­de Ertei­lung der Aus­kunft ist der Klä­ge­rin nach Ansicht des LAG Hamm ein imma­te­ri­el­ler Scha­den ent­stan­den. Der Scha­dens­be­griff ist in der Recht­spre­chung des Gerichts­hofs der Euro­päi­schen Uni­on bis­lang jedoch nicht geklärt. Weder der DSGVO noch ihren Erwä­gungs­grün­den lässt sich nach Auf­fas­sung des LAG ent­neh­men, dass der Scha­dens­er­satz­an­spruch einen qua­li­fi­zier­ten Ver­stoß gegen die DSGVO vor­aus­setzt. Auch das Erfor­der­nis einer Erheb­lich­keits­schwel­le für den Ver­stoß lehn­te das LAG ab. Das LAG Hamm schließt sich damit der eher groß­zü­gi­gen Aus­le­gung der DSGVO bei Scha­dens­er­satz­kla­gen vor den deut­schen Arbeits­ge­rich­ten an.

Der Schmer­zens­geld­be­mes­sung lagen fol­gen­de Erwä­gun­gen zugrunde:

  • Ori­en­tie­rung bie­tet nach Ansicht des LAG Hamm der Kri­te­ri­en­ka­ta­log für die Bemes­sung der Buß­geld­hö­he nach Art. 83 Abs. 2 DSGVO. Nach Art. 83 Abs. 2 S. 2 lit. a DSGVO sind Art, Schwe­re und Dau­er des Ver­sto­ßes unter Berück­sich­ti­gung der Art, des Umfangs oder des Zwecks der betref­fen­den Ver­ar­bei­tung sowie der Zahl der von der Ver­ar­bei­tung betrof­fe­nen Per­so­nen und des Aus­ma­ßes des von ihnen erlit­te­nen Scha­dens zu berücksichtigen.
  • Kon­kret berück­sich­tig­te das LAG “[…] sowohl sämt­li­che Aus­wir­kun­gen des kon­kre­ten Daten­schutz­ver­sto­ßes für die geschä­dig­te Per­son als auch sämt­li­che in der Per­son des Schä­di­gers lie­gen­den, ins­be­son­de­re die Tat­si­tua­ti­on und den Ver­schul­dens­grad betref­fen­den, Umstände”.
  • Zulas­ten der Beklag­ten hat das LAG berück­sich­tigt, dass die begehr­te Aus­kunft bis zur Ent­schei­dung nicht erteilt wurde.
  • Dar­über hin­aus geht das LAG davon aus, dass die Klä­ge­rin ihr Aus­kunfts­be­geh­ren nicht kon­se­quent ver­folgt hat: “Dies deu­tet dar­auf hin, dass ihre per­sön­li­che Betrof­fen­heit im Hin­blick auf die feh­len­de Mög­lich­keit der Kon­trol­le ihrer per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten über­schau­bar ist und Zwei­fel an der Nach­hal­tig­keit des Aus­kunfts­ver­lan­gens berech­tigt erschei­nen. Die­ser Umstand ist bei der Bemes­sung der Höhe des imma­te­ri­el­len Scha­dens­er­sat­zes – anders als bei der Fra­ge des Ent­ste­hens eines sol­chen – zu berücksichtigen.”
  • Dem Umstand, dass es sich bei der Beklag­ten um einen Klein­be­trieb han­delt, hat das Gericht kei­ne Aus­sa­ge­kraft hin­sicht­lich der Finanz­kraft des Unter­neh­mens beigemessen.

Ein­ord­nung der Ent­schei­dung und Emp­feh­lung für Unternehmen

Wäh­rend ande­re Gerich­te die Ent­schei­dung bis­lang dahin­ste­hen lie­ßen, ob eine ver­spä­te­te Aus­kunft einen Ver­stoß i.S.d. Art. 82 Abs. 1 DSGVO dar­stellt, oder dies sogar ableh­nen, hat das LAG Hamm eine kla­re Posi­ti­on bezo­gen. Aus­ge­hend von der Höhe des zuge­spro­che­nen Schmer­zens­gelds sind ent­spre­chen­de Ansprü­che aus Unter­neh­mens­sicht ins­be­son­de­re dann pro­ble­ma­tisch und ein uner­wünsch­ter Kos­ten­fak­tor, wenn sie nicht von einem ein­zel­nen Arbeit­neh­mer oder Kun­den erho­ben wer­den, son­dern eine Häu­fung der Ansprü­che auf­tritt. Am Markt exis­tie­ren bereits eini­ge Anbie­ter, die Betrof­fe­nen über Legal-Tech-Anwendungen eine nied­rig­schwel­li­ge und risi­ko­ar­me Mög­lich­keit zur Gel­tend­ma­chung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen ver­spre­chen. Soll­ten sich Ent­schei­dun­gen wie die des LAG Hamm häu­fen, ist daher damit zu rech­nen, dass Unter­neh­men häu­fi­ger mit Schmer­zens­geld­an­sprü­chen wegen Daten­schutz­ver­let­zun­gen kon­fron­tiert wer­den. Wir emp­feh­len Unter­neh­men daher, bereits prä­ven­tiv einen nach­hal­ti­gen und ska­lier­ba­ren Pro­zess zur Beant­wor­tung von Aus­kunfts­er­su­chen, aber auch aller ande­ren Betrof­fe­nen­rech­te im Unter­neh­men zu eta­blie­ren und sicher­zu­stel­len, dass ent­spre­chen­de Begeh­ren von Betrof­fe­nen inner­halb der gesetz­li­chen Fris­ten beant­wor­tet wer­den können.

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