Brexit: Bleibt Groß­bri­tan­ni­en Mit­glied des EWR?

Wäh­rend sich der Tenor der meis­ten aktu­el­len Fach­bei­trä­ge und Mel­dun­gen um die mög­li­chen Fol­gen des anste­hen­den Brexits dreht und dabei bei­spiels­wei­se beleuch­tet, dass eine bri­ti­sche Limi­t­ed hier­zu­lan­de künf­tig als eine GbR oder OHG betrach­tet wer­den könn­te, dürf­te im Rah­men einer gesamt­heit­li­chen Betrach­tung eine rele­van­te Gege­ben­heit ver­nach­läs­sigt wor­den sein. 

Kon­kret geht es dabei um die Mit­glied­schaft Groß­bri­tan­ni­ens im EWR. Der Hin­ter­grund: Beim EWR-Abkommen vom 02.05.1992 han­delt es sich um ein Asso­zi­ie­rungs­ab­kom­men zwi­schen der Euro­päi­schen Uni­on und ihren Mit­glied­staa­ten und drei der vier sog. EFTA-Staaten. Die EFTA (Euro­päi­sche Frei­han­dels­as­so­zia­ti­on) ist dabei eine 1960 gegrün­de­te inter­na­tio­na­le Orga­ni­sa­ti­on, wel­che mitt­ler­wei­le ledig­lich eine Frei­han­dels­zo­ne zwi­schen ihren Mit­glie­dern dar­stellt; frü­her jedoch als ein Gegen­ge­wicht zu den Euro­päi­schen Gemein­schaf­ten ange­legt war. Die EFTA-Staaten (Island, Liech­ten­stein und Nor­we­gen – die Schweiz betei­lig­te sich nicht) schu­fen im Rah­men des EWR-Abkommens mit der EU eine Frei­han­dels­zo­ne zwi­schen der EU und den drei genann­ten Mit­glieds­staa­ten der EFTA. Die Basis des EWR-Abkommens in Form der vier Grund­frei­hei­ten (Art. 1 II des EWR-Abkommens: frei­er Waren­ver­kehr, Frei­zü­gig­keit, frei­er Dienst­leis­tungs­ver­kehr, frei­er Kapi­tal­ver­kehr) ist dabei dem euro­päi­schen Gemein­schafts­recht ent­nom­men (gere­gelt im AEUV). Damit weist das EWR-Recht eine star­ke Ähn­lich­keit zum Gemein­schafts­recht auf.

Rele­vant ist im zwei­ten Schritt der Betrach­tung nun, inwie­fern das EWR-Abkommen zwi­schen der EU und den EFTA-Staaten nicht nur zwi­schen den Par­tei­en (EU – EFTA) gilt, son­dern auch jeweils inner­halb der Par­tei­en; spe­zi­ell also inner­halb der EU-Staaten unter sich. Dazu äußer­te der EuGH 1991 erst­mals in einem Gut­ach­ten, dass der EWR ledig­lich auf einem völ­ker­recht­li­chen Ver­trag beru­he und daher grund­sätz­lich nur zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en gel­te. Der EFTA-GH jedoch war der Ansicht, dass dem EWR-Abkommen eine unmit­tel­ba­re Dritt­wir­kung ent­sprin­ge; die­se Posi­ti­on wur­de vom Gericht ers­ter Instanz bestä­tigt und schluss­end­lich ent­schied auch der EuGH, dass den Grund­frei­hei­ten des EWR-Abkommens der glei­che Anwen­dungs­vor­rang zukä­me, wie es bei den Grund­frei­hei­ten des Gemein­schafts­rechts der Fall ist. 

Dar­aus folgt, dass die Grund­frei­hei­ten des EWR-Abkommens nicht nur zwi­schen der EU und den EFTA-Staaten als je eine Par­tei gel­ten, son­dern auch zwi­schen den EU- und EFTA-Mitgliedsstaaten unter­ein­an­der. Im Anschluss stellt sich nun also die Fra­ge, inwie­fern der Aus­tritt Groß­bri­tan­ni­ens aus der EU die Mit­glied­schaft des Lan­des im EWR tan­giert. Das EWR-Abkommen bestimmt nicht aus­drück­lich, dass ein Mit­glieds­staat der EU den EWR ver­lässt, wenn er sei­nen Mit­glieds­sta­tus in der EU ver­liert. Zwar fin­det sich in Art. 126 des EWR-Abkommens eine Bestim­mung, wonach das Abkom­men für die EWG – Ver­trags­ge­bie­te Anwen­dung fin­det (Vor­läu­fer der EU), dies drückt damit aber nicht zwin­gend aus, dass das Abkom­men nur für heu­ti­ge EU-Mitgliedsstaaten gilt, son­dern ver­deut­licht viel­mehr, auf wel­che Län­der sich das Abkom­men erstreckt. 

Fazit

Der Aus­tritt Groß­bri­tan­ni­ens aus der EU hat damit also kei­ne Aus­wir­kung auf die Mit­glied­schaft Groß­bri­tan­ni­ens im EWR. Ein­zig der Rück­tritt Groß­bri­tan­ni­ens aus dem EWR-Abkommen oder das Recht zur Sus­pen­die­rung / Been­di­gung des Ver­tra­ges nach Art. 62 WVK (Wie­ner Über­ein­kom­men über das Recht der Ver­trä­ge) ist zu beach­ten, was jedoch die Aus­übung die­ses Rechts voraussetzt. 

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