Cor­ri­gen­dum II zu Art. 120 Absatz 3 MDR bringt neue Übergangsfrist

Die neue Medi­zin­pro­duk­te­ver­ord­nung (Medi­cal Device Regu­la­ti­on, VO 2017/745 (PDF) gilt ver­bind­lich ab dem 26.05.2020. Die MDR beinhal­tet Anfor­de­run­gen an Ent­wick­lung, Her­stel­lung, Gebrauchs­in­for­ma­ti­on und Pro­dukt­über­wa­chung von Medi­zin­pro­duk­ten, die gegen­über der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge unter Gel­tung der Richt­li­ni­en MDD, AIMD und IVDD deut­lich grö­ße­re Hür­den dar­stel­len. Her­stel­ler wer­den durch die Ände­run­gen, ins­be­son­de­re zum Inhalt von tech­ni­scher Doku­men­ta­ti­on, der kli­ni­schen Bewer­tung und Post-Market-Surveillance, vor neue Her­aus­for­de­run­gen gestellt. Der Umfang neu­er Anfor­de­run­gen kann und wird viel­fach zu einem stren­ge­ren und dadurch län­ge­ren Kon­for­mi­täts­be­wer­tungs­ver­fah­ren und damit län­ge­ren Time-to-Market-Prozess für neue Pro­duk­te führen.

2. Cor­ri­gen­dum zur MDR

Für Her­stel­ler von Klasse-I-Produkten brach­te das 2. Cor­ri­gen­dum zur MDR (PDF) vom 25.11.2019 nun eine deut­li­che Erleichterung.

Anstatt des ursprüng­li­chen Arti­kels 120 (3) a.F.
„Abwei­chend von Arti­kel 5 der vor­lie­gen­den Ver­ord­nung darf ein Pro­dukt, für das eine Beschei­ni­gung gemäß der Richt­li­nie 90/385/EWG oder der Richt­li­nie 93/42/EWG erteilt wur­de, die gemäß Absatz 2 des vor­lie­gen­den Arti­kels gül­tig ist, nur in Ver­kehr gebracht oder in Betrieb genom­men wer­den, sofern es ab dem Tag des Gel­tungs­be­ginns der vor­lie­gen­den Ver­ord­nung wei­ter­hin einer die­ser Richt­li­ni­en ent­spricht und …“

…wird es künf­tig hei­ßen: Art. 120 (3) n.F.
„Abwei­chend von Arti­kel 5 der vor­lie­gen­den Ver­ord­nung darf ein Pro­dukt, das ein Pro­dukt der Klas­se I gemäß der Richt­li­nie 93/42/EWG ist, für das vor dem 26.05.2020 eine EU-Konformitätserklärung erstellt wur­de und für das das Kon­for­mi­täts­be­wer­tungs­ver­fah­ren­ge­mäß der vor­lie­gen­den Ver­ord­nung die Mit­wir­kung einer Benann­ten Stel­le erfor­dert oder­für das eine Beschei­ni­gung gemäß der Richt­li­nie 90/385/EWG oder der Richtlinie93/42/EWG besteht, die gemäß Absatz 2 des vor­lie­gen­den Arti­kels gül­tig ist, bis zum 26.05.2024 in Ver­kehr gebracht oder in Betrieb genom­men wer­den, sofern es ab dem 26.05.2020 wei­ter­hin einer die­ser Richt­li­ni­en ent­spricht und…“

Damit gilt die „har­te Dead­line“ bis Mai 2020 jeden­falls für die in Arti­kel 120 (3) expli­zit genann­ten Pro­duk­te nicht mehr.

Nutz­nie­ßer der Fristverlängerung

Her­stel­ler von Medi­zin­pro­duk­ten der Klas­se I unter der noch gel­ten­den MDD, deren Pro­duk­te nach MDR-Regeln höher klas­si­fi­ziert wer­den müss­ten, kön­nen – MDD-Konformität vor­aus­ge­setzt – wei­ter­hin bis 26.05.2024 in Ver­kehr gebracht wer­den. Dies gilt unter ande­rem für wie­der­ver­wend­ba­re chirurgisch-invasive Pro­duk­te der (neu­en MDR-)Klasse Ir (Anhang VIII, 5.2, Regel 6, zwei­ter Spie­gel­strich MDR), die von der neu­en Über­gangs­frist pro­fi­tie­ren, sofern für sie eine Kon­for­mi­täts­er­klä­rung nach MDD besteht.

Medi­cal Apps wer­den nach MDR Anhang VIII, 6.3, nach Regel 11 klas­si­fi­ziert. Sie sind damit nach dem Ver­ständ­nis der MDR meist der Klas­se IIa und höher zuzu­ord­nen. Gehört eine Medical-App-Anwendung heu­te nach MDD/IVDD-Regeln zur Klas­se I, die nach MDR-Regeln höher zu klas­si­fi­zie­ren wäre, so kön­nen sich auch deren Her­stel­ler über die Frist­ver­län­ge­rung freuen.

Wei­ter gilt die Frist­ver­län­ge­rung auch für Her­stel­ler stoff­li­cher Pro­duk­te und stellt somit gera­de für die nach der MDR erst­mals beson­ders gefor­der­ten Klasse-I-Hersteller ins­ge­samt eine spür­ba­re Erleich­te­rung dar.

Wich­tig ist dabei: Kommt es an einem der nach MDD inner­halb der ver­län­ger­ten Über­gangs­frist in Ver­kehr gebrach­ten Pro­duk­te nach Gel­tungs­be­ginn der MDR zu einem „Signi­fi­cant Chan­ge“, also einer wesent­li­chen Ver­än­de­rung, die Ein­fluss auf die Kon­for­mi­tät des Pro­dukts haben könn­te, so sind Ände­rung und Kon­for­mi­tät – auch noch inner­halb der ver­län­ger­ten Über­gangs­frist – nach MDR Regeln zu beurteilen.

Grün­de für die Fristverlängerung

Laut Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um soll die jetzt beschlos­se­ne Frist­ver­län­ge­rung unter ande­rem dem Man­gel an Benann­ten Stel­len Rech­nung tra­gen und eine Ungleich­be­hand­lung von Her­stel­lern von Klasse-I-Produkten gegen­über Her­stel­lern von Hoch­ri­si­ko­pro­duk­ten beseitigen.

Fazit

Die not­wen­di­gen Schrit­te zur Umset­zung der MDR soll­ten unge­ach­tet der neu­en Über­gangs­fris­ten aber kei­nes­falls auf­ge­scho­ben wer­den. Einer­seits endet auch die ver­län­ger­te Frist am 26. Mai 2024. Ande­rer­seits stellt Arti­kel 120 (3) aber auch fest, dass die Anfor­de­run­gen der MDR an die Post-Market-Surveillance, die Markt­über­wa­chung, die Vigi­lan­ce und die Regis­trie­rung von Wirt­schafts­teil­neh­mern und Gerä­ten anstel­le der ent­spre­chen­den Anfor­de­run­gen in die­sen bei­den Richt­li­ni­en gel­ten sol­len – hier­für gibt es also gera­de kei­ne Fristverlängerung!

zurück

Bleiben Sie
up to date

Wir verwenden Ihre E-Mail-Adresse ausschließlich für den Versand unseres Newsletters. Sie können Ihre Einwilligung hierfür jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.