Medizinprodukte sind in der EU einheitlich durch die Medizinprodukteverordnung reguliert. Daher wird vielfach die Auffassung vertreten, dass sonstige europäische Regelwerke auf Medizinprodukte und die Wirtschaftsakteure der Healthcarebranche keine Anwendung finden. Das ist falsch. Neben der sektorspezifischen MDR sind etliche branchenübergreifende, sogenannte horizontale Regularien zu beachten (z.B. künftige KI-VO, künftige Corporate Sustainability Reporting Directive, NIS-2-Richtlinie).
Dies gilt auch für die neue europäische Produktsicherheitsverordnung (General Product Safety Regulation, GPSR), die die bisherige Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit ersetzen und auf alle Verbraucherprodukte, einschließlich Medizinprodukte, anwendbar sein wird. Die Regelungen der Produktsicherheitsverordnung werden immer dann greifen, wenn in der MDR keine spezifischere Regelung getroffen wurde.
„Fulfilment-Dienstleister“
Dies gilt z.B. in Bezug auf „Fulfilment-Dienstleister“, die in der MDR nicht erwähnt werden und gemäß Produktsicherheitsverordnung „im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen anbiete[n]: Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung und Versand von Produkten, an denen sie kein Eigentumsrecht [haben], ausgenommen Postdienste […], Paketzustelldienste […] oder Frachtverkehrsdienstleistungen“. Fulfilment-Dienstleister werden – neben Herstellern, Bevollmächtigten, Einführern und Händlern – als Wirtschaftsakteure im Sinne der Produktsicherheitsverordnung geführt. Fulfilment-Dienstleistungen, die Medizinprodukte betreffen, unterfallen somit künftig sowohl der MDR einerseits als auch der Produktsicherheitsverordnung andererseits.
„Online-Marktplätze“
Auch der Online-Handel mit Verbraucherprodukten erfährt mit der Produktsicherheitsverordnung eine einheitliche europäische Regulierung. Die MDR beinhaltet bereits gesetzliche Pflichten für die Händler von Medizinprodukten sowie Vorgaben zum Fernabsatz. Die Produktsicherheitsverordnung definiert darüber hinaus die Begriffe des „Online-Marktplatzes“ und der „Online-Schnittstelle“ und schafft diesbezüglich Rechtsklarheit. Zudem befasst sich Kapitel IV der Produktsicherheitsverordnung explizit mit dem Handel über Online-Marktplätze und gestaltet in Artikel 20 besondere Pflichten der Online-Marktplätze im Zusammenhang mit der Produktsicherheit aus, wie sie in dieser Regelungstiefe in der MDR nicht zu finden sind.
Handlungsempfehlung
Wirtschaftsakteure, die Medizinprodukte als Verbraucherprodukte in Verkehr bringen, werden künftig nicht nur durch die Medizinprodukteverordnung, sondern auch durch die europäische Produktsicherheitsverordnung reguliert werden. Insbesondere Fulfilment-Dienstleister und Betreiber von Online-Marktplätzen bzw. Online-Handel müssen die Inhalte der allgemeinen Produktsicherheitsverordnung kennen und diese umsetzen, um Produkte Regularien-konform vertreiben zu dürfen. Wir unterstützen bei der Identifikation der je geltenden Anforderungen und deren rechtssicherer Implementierung. Sprechen Sie uns hierzu gerne an.
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