Import und Ver­trieb von Antigen-Schnelltests

Nach dem zöger­li­chen Impf­start sind Antigen-Schnelltests zum neu­en zen­tra­len Bau­stein im Kampf gegen die Corona-Pandemie gewor­den. Anlass genug, um zu den Unter­schie­den der ver­schie­de­nen Test­me­tho­den, dem Son­der­zu­las­sungs­ver­fah­ren von Tests zu Eigen­an­wen­dung, zu Ein­fuhr und Ver­trieb der Tests und vor allem den damit ver­bun­de­nen Haf­tungs­ri­si­ken Stel­lung zu nehmen.

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Zur Fest­stel­lung einer Infek­ti­on mit dem SARS-CoV-2-Virus gilt das PCR-Testverfahren nach wie vor als “Gold­stan­dard”. Die Pro­ben­ent­nah­me erfolgt immer nur durch medi­zi­ni­sches Per­so­nal, soge­nann­te “Fach­kreis­zu­ge­hö­ri­ge”. Aus­ge­wer­tet wer­den PCR-Tests aus­schließ­lich in Labo­ren. Bis ein Ergeb­nis vor­liegt, kön­nen meh­re­re Tage ver­ge­hen. PCR-Tests wer­den auf­grund ihrer hohen Genau­ig­keit und Zuver­läs­sig­keit geschätzt, sind aber gera­de kei­ne “Schnell­tests”.

Neben den PCR-Tests wer­den auch Antigen-Schnelltests ver­wen­det. Eben­so wie bei den PCR-Tests wer­den auch hier Nasen- und/oder Rachen­ab­stri­che genom­men. Auch hier erfolgt die Ent­nah­me aus­schließ­lich durch geschul­tes Per­so­nal, opti­ma­ler­wei­se Fach­kreis­zu­ge­hö­ri­ge. Die Aus­wer­tung muss jedoch nicht im Labor durch­ge­führt wer­den, son­dern kann direkt vor Ort (Point of Care) erfol­gen. Nach­teil der Schnell­tests ist ihre im Ver­gleich zu PCR-Tests grö­ße­re Unge­nau­ig­keit. Der Anteil “falsch nega­ti­ver” Test­ergeb­nis­se ist bei der Schnell­test­me­tho­dik höher. Die ursprüng­lich zuge­las­se­nen Antigen-Schnelltests wur­den von­sei­ten der Her­stel­ler aus­schließ­lich an fach­kun­di­ge Anwen­der adres­siert. Kenn­zeich­nung und Gebrauchs­in­for­ma­ti­on wur­den ent­spre­chend aus­ge­legt, die Pro­duk­te mit dem Hin­weis “for pro­fes­sio­nal use only” oder “nur zur pro­fes­sio­nel­len Anwen­dung” versehen.

Mit Fort­schrei­ten der Pan­de­mie wur­de der Ruf nach “Selbst­tests”, also Tests zur Eigen­an­wen­dung durch (unge­schul­te) Lai­en, immer lau­ter. Eine Abga­be von Schnell­tests, die von den jewei­li­gen Her­stel­lern aber gera­de für pro­fes­sio­nel­le Anwen­der­krei­se bestimmt wur­den, an medi­zi­ni­sche Lai­en ist nicht ohne Wei­te­res möglich.

Regu­la­to­ri­sche Rah­men­be­din­gun­gen für Antigen-Schnelltests

Bei allen vor­ste­hend genann­ten Tests zur Fest­stel­lung einer Corona-Infektion han­delt es sich um In-vitro-Diagnostika (IVD), die inner­halb der EU ein­heit­lich regu­liert sind. Unter einem In-vitro-Diagnostikum ver­steht man jedes  Medi­zin­pro­dukt, das als Reagenz, Reagenz­pro­dukt, Kali­brier­ma­te­ri­al, Kon­troll­ma­te­ri­al, Kit, Instru­ment, Appa­rat, Gerät oder Sys­tem — ein­zeln oder in Ver­bin­dung mit­ein­an­der — nach der vom Her­stel­ler fest­ge­leg­ten Zweck­be­stim­mung zur In-vitro-Untersuchung von aus dem mensch­li­chen Kör­per stam­men­den Pro­ben, ein­schließ­lich Blut- und Gewe­be­spen­den, ver­wen­det wird und aus­schließ­lich oder haupt­säch­lich dazu dient, Infor­ma­tio­nen zu lie­fern über phy­sio­lo­gi­sche oder patho­lo­gi­sche Zustän­de […]. Für Her­stel­lung, Inver­kehr­brin­gen, Ein­fuhr und Ver­trieb von In-vitro-Diagnostika inner­halb der EU gilt die euro­päi­sche Richt­li­nie über In-vitro-Diagnostika 98/79/EG, die mit dem Medi­zin­pro­duk­te­ge­setz (MPG) in natio­na­les Recht umge­setzt wur­de. Ab dem 26.05.2022 wird die Richt­li­nie durch die In-vitro-Diagnostik Ver­ord­nung (IVDR) (PDF) abge­löst und das MPG auf natio­na­ler Ebe­ne durch das Medizinproduktrecht-Durchführungsgesetz ersetzt.

Antigen-Schnelltests müs­sen daher der­zeit noch den Anfor­de­run­gen der Richt­li­nie und den natio­na­len Geset­zen der Mit­glieds­staa­ten genü­gen. Dies erfor­dert ins­be­son­de­re ihre Über­ein­stim­mung mit den in der Richt­li­nie genann­ten grund­le­gen­den Anfor­de­run­gen an die Sicher­heit und Leis­tungs­fä­hig­keit der Pro­duk­te. Zur Pro­dukt­si­cher­heit gehört es dabei auch, dass die Pro­duk­te vom Her­stel­ler auf die siche­re Hand­ha­bung durch Fach­kreis­zu­ge­hö­ri­ge oder aber Lai­en­an­wen­der geprüft und dazu aus­ge­legt wur­den. Sol­len die Tests an Lai­en abge­ge­ben wer­den dür­fen, erfor­dert dies ggf. eine benut­zer­freund­li­che­re Kon­struk­ti­on sowie eine anders for­mu­lier­te Gebrauchs­in­for­ma­ti­on als die von Pro­duk­ten, die aus­schließ­lich an Fach­krei­se abge­ge­ben werden.

Auf­grund der ent­spre­chen­den Nach­fra­ge nach Schnell­tests zur Abga­be an medi­zi­ni­sche Lai­en, die bis vor weni­gen Wochen nicht vor­ge­se­hen war, jetzt aber mög­lichst schnell und in mög­lichst gro­ßem Umfang erfol­gen soll, kön­nen Her­stel­ler bei der zustän­di­gen Bun­des­ober­be­hör­de (BfArM) eine Son­der­zu­las­sung nach § 11 MPG für ihre Pro­duk­te für die Abga­be an Lai­en bean­tra­gen. Die Tests, die eine ent­spre­chen­de Son­der­zu­las­sung erhal­ten haben, sind auf der Web­sei­te des BfArM aufgelistet

Eine Abga­be der hier genann­ten Tests darf nach der bereits erfolg­ten Ände­rung der deut­schen Medi­zin­pro­duk­te­ab­ga­ben­ver­ord­nung (MPAV) an Lai­en erfolgen.

Haf­tungs­ri­si­ken für Impor­teu­re und Händler

Für Impor­teu­re und Ver­trei­ber von Antigen-Schnelltests zur Eigen­an­wen­dung durch Lai­en bedeu­tet dies, dass grund­sätz­lich zunächst nur die zuge­las­se­nen Tests als Selbst­tests abge­ge­ben wer­den dür­fen. Im eige­nen Inter­es­se soll­ten Ein­füh­rer und Händ­ler dar­auf ach­ten, kei­ne Tests an Lai­en abzu­ge­ben, die vom Her­stel­ler aus­schließ­lich zur Abga­be an Fach­kreis­zu­ge­hö­ri­ge aus­ge­lobt sind.

Wei­ter ist davon aus­zu­ge­hen, dass Her­stel­ler auch eine ord­nungs­ge­mä­ße CE-Zertifizierung für Tests zur Eigen­an­wen­dung anstre­ben. Sie arbei­ten also dar­an, neben den im Wege der befris­te­ten Son­der­zu­las­sung in Ver­kehr gebrach­ten Tests, auch die richt­li­ni­en­kon­for­me Pro­duk­ti­on “regu­lä­rer” Lai­en­tests auf­zu­bau­en, die so dann in alle EU-Mitgliedsstaaten ein­ge­führt wer­den dür­fen. Im Hin­blick auf die­se Pro­duk­te soll­ten Impor­teu­re sich der Rege­lung des § 5 MPG bewusst sein: Hat der nicht-europäische Her­stel­ler kei­nen euro­päi­schen Bevoll­mäch­tig­ten benannt, ist der Ein­füh­rer Ver­ant­wort­li­cher für das erst­ma­li­ge Inver­kehr­brin­gen die­ser Medi­zin­pro­duk­te in den Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum und obliegt damit den medi­zin­pro­dukt­e­recht­li­chen Pflich­ten. Hier­bei wird von­sei­ten der zustän­di­gen Auf­sichts­be­hör­den nicht sel­ten bereits der erst mit der künf­ti­gen IVDR gesetz­lich nor­mier­te Pflich­ten­kreis für Impor­teu­re und Händ­ler von IVD ein­be­zo­gen. Ein Ver­stoß gegen die­se Pflich­ten kann neben behörd­li­chen Maß­nah­men (Inver­kehr­gabe­stopp, Anord­nung von Rück­ruf oder Ver­nich­tung von Lager­be­stän­den) auch straf­recht­li­che Kon­se­quen­zen nach sich ziehen.

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