Die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 2001/95/EG bildet die Grundlage für den europäischen Rechtsrahmen über die Sicherheit von Verbraucherprodukten und wurde national durch das Produktsicherheitsgesetz umgesetzt. Insbesondere für Produkte, die nicht von einem spezielleren Harmonisierungsrechtsakt erfasst sind, soll sie ein “Sicherheitsnetz” für die Verbraucher darstellen.
Nachdem die Richtlinie zwischenzeitlich mit 20 Jahren ein stolzes Alter aufweist und die technische Entwicklung stetig und immer schneller voranschreitet, stellt sich die Frage, ob die Technik die rechtlichen Anforderungen nicht, zumindest in Teilen, bereits überholt hat. Mit Blick auf eben diese Frage hat die Kommission in der jüngeren Vergangenheit bereits einen Bericht über die Implikationen neuer Technologien auf die Sicherheit und Haftung sowie ein Whitepaper zum Thema künstliche Intelligenz (PDF) veröffentlicht.
Nachdem die ursprünglich für Mitte 2019 angekündigten Leitlinien zur Produkthaftungsrichtlinie im Zusammenhang mit neuen Technologien weiter auf sich warten lassen (wir berichteten), dürfte die nun veröffentlichte Roadmap neue Bewegung in den Themenkomplex der Produktverantwortung bringen.
Die Kommission führt in dem bereitgestellten „inception impact assessment“ zwar aus, dass noch keine finale Entscheidung gefallen ist, skizziert jedoch, neben der Beibehaltung des Status quo, bereits vier denkbare Szenarien für die Überarbeitung der Richtlinie 2001/95/EG:
Szenario 1 – Verbesserung der Implementierung und der Durchsetzung
Hinsichtlich der bestehenden rechtlichen Anforderungen sollen u. a. Guidance-Dokumente zur Sicherheit neuer Technologien und zu Produktrückrufen erarbeitet werden sowie der Product-Safety-Pledge (PDF) gestärkt werden.
Szenario 2 – Gezielte Anpassung
Die Richtlinie wird mit Blick auf die neuen technischen Entwicklungen sachgerecht konkretisiert und erweitert. Die Kommission weist darauf hin, dass in diesem Fall “Stand-alone-Software” nach dem derzeitigen Stand nicht erfasst würde.
Szenario 3 – Vollständige Überarbeitung
Die Richtlinie würde durch eine Verordnung ersetzt, die inhaltlich Szenario 2 entspricht und darüber hinaus „Stand-alone-Software“ umfasst sowie u. a. verbindliche Anforderungen für die Lieferkette und Produktrückrufe enthält.
Szenario 4 – Integration eines neuen Instrumentes
Neben der Richtlinie 2001/95/EG würde ein neues rechtliches Instrument erarbeitet, das die Inhalte des Szenarios 3 aufgreift. Mit Blick auf die neue Marktüberwachungsverordnung (EU) 2019/1020 (siehe unsere News) sind einheitliche Anforderungen für harmonisierte und nicht harmonisierte Produkte das erklärte Ziel.
Fazit
Nachdem es längere Zeit scheinbar ruhig hinsichtlich gesetzgeberischer Maßnahmen auf europäischer Ebene rund um den Themenkomplex Produktverantwortung und neue Technologien war, ist die nun avisierte Überarbeitung der Richtlinie 2001/95/EG ein weiterer Schritt eines raumgreifenden Prozesses (siehe bspw. unsere News zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG).
So spannend die Entwicklungen auch sind, so herausfordernd dürften ihre Ergebnisse werden. Es lohnt sich demnach, den Prozess frühzeitig zu begleiten, um sich rechtzeitig auf mögliche neue Anforderungen einstellen zu können. Wir werden Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.
zurück