Pflichten von Händlern und Importeuren bei Umverpacken und Kennzeichnung von Medizinprodukten
Artikel 16 MDR bezeichnet Fälle, in denen die Pflichten des Herstellers auch für Importeure, Händler oder andere Personen gelten
Importeuren und Händlern können nach Artikel 16 MDR in bestimmten Fällen Herstellerpflichten zufallen. Ausführlich siehe dazu www.reuschlaw.de/news/mdr-neue-pflichten-fuer-importeure-von-medizinprodukten/ (Fokus auf Importeure, gilt entsprechend für Händler). Nachfolgend seien Fälle des Art. 16 Abs 2 MDR:
- der Änderung der äußeren Verpackung eines bereits im Verkehr befindlichen Produkts, einschließlich der Änderung der Packungsgröße und des Umkennzeichnens, sowie
- der Bereitstellung von Gebrauchsinformationen einschließlich der Übersetzung in der Sprache des Mitgliedsstaates herausgegriffen.
Importeure und Händler müssen gewährleisten, dass diese Tätigkeiten unter Bedingungen geschehen, die gewährleisten, dass der Originalzustand der Produkte dadurch nicht beeinträchtigt werden kann.
Art. 16 Abs. 3 MDR verlangt daher, dass Händler und die Importeure “über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen, das Verfahren umfasst, mit denen sichergestellt wird, dass die Übersetzung der Informationen korrekt und auf dem neuesten Stand ist und dass die [vorstehend] genannten Tätigkeiten mit Mitteln und unter Bedingungen durchgeführt werden, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts erhalten bleibt und die Verpackung des umgepackten Produkts nicht fehlerhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist.”
Nach Art. 16 Abs. 4 MDR ist ein entsprechendes Qualitätsmanagementsystem der Importeure und Händler durch eine Benannte Stelle zu zertifizieren.
Guidance-Dokument MDCG 2021–23
Diese Anforderung stellt in der Praxis eine Vielzahl von Importeuren und Händlern, aber auch Benannte Stellen vor besondere Herausforderungen. Zu Setting und Umfang des geforderten Qualitätsmanagementsystems einerseits, Prüfinhalten der Benannten Stellen und Mindestangaben der von ihnen auszustellenden Bescheinigungen wurde spekuliert und diskutiert. Mit dem Guidance-Dokument MDCG 2021–23 (PDF) hat sich die Medical Device Coordination Group (MDCG) u. a. zum Ziel gesetzt, Importeuren und Händlern die Mindestanforderungen an ein von ihnen gefordertes QM-System aufzuzeigen.
Mindestanforderungen an ein QM-System der Händler und Importeure
Als Mindestanforderungen an ein entsprechendes QM-System werden in MDCG 2021–23 genannt:
- Dokumentation des Managementsystems,
- Dokumentation und Verwaltung der Ressourcen, einschließlich der für die Durchführung der in Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben a und b MDR genannten Tätigkeiten erforderlichen Räumlichkeiten und Ausrüstungen sowie zur Auswahl und Kontrolle von Lieferanten und Unterauftragnehmern,
- Erstellen von Richtlinien für die Übertragung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten an das Personal, das die Verfügbarkeit von Ressourcen und Informationen gewährleisten muss, die zur Durchführung und Überwachung der genannten Aktivitäten erforderlich sind,
- Vorhalten von Verfahren, mit denen sichergestellt wird, dass der Händler oder Importeur über alle Korrekturmaßnahmen des Herstellers informiert werden, um auf Sicherheitsprobleme zu reagieren oder Produktkonformität herzustellen,
- Management von Korrekturmaßnahmen, einschließlich solcher zum Umgang mit nicht konformen Produkten aufgrund der gemäß Artikel 16 Absatz 2 Buchstaben a und b durchgeführten Tätigkeiten, erforderlichenfalls einschließlich Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und Überprüfung ihrer Wirksamkeit,
- Verfahren zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit der Produkte sowie Etiketten, Gebrauchsanweisungen und die äußere Verpackung mit Angabe der am Produkt vorgenommenen Änderungen,
- Kontrolle der Dokumente,
- Kontrolle der Aufzeichnungen,
- Überwachung der Umsetzung und Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagementsystems.
Insgesamt sollte es das Qualitätsmanagementsystem ermöglichen, die ständige Erfüllung der Anforderungen von Artikel 16 Absatz 3 MDR zu unterstützen und nachzuweisen.
Auswirkung auf Vertragsgestaltung
Darüber hinaus beleuchtet die MDCG mit der Hervorhebung der erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen einen weiteren, für die Kooperation der Wirtschaftsakteure untereinander wesentlichen Punkt. So betont sie, dass auch in den Verträgen der Importeure und Händler mit den Herstellern der Produkte Informationspflichten aufgenommen werden sollten, die sicherstellen, dass der Händler oder Importeur rechtzeitig über alle Korrekturmaßnahmen informiert wird, die der Hersteller in Bezug auf das betreffende Produkt ergreift, um auf Sicherheitsprobleme reagieren oder das Produkt in Übereinstimmung mit der Verordnung bringen zu können. Darüber hinaus sollte der Vertrag zwischen der Benannten Stelle und dem Händler oder Importeur die Möglichkeit vorsehen, dass die Benannte Stelle Vor-Ort-Audits in den Räumlichkeiten der Händler und Importeure selbst, aber auch bei deren Unterauftragnehmern durchzuführen berechtigt wird.
Handlungsempfehlung
Guidance-Dokumente der MDCG sind – wie der Name schon sagt – Empfehlungen oder Leitlinien, aber nicht rechtlich bindend. Nichtsdestotrotz bieten sie als Empfehlung einer Expertengruppe wertvolle Unterstützung für die Wirtschaftsakteure, wenn es um die Umsetzung der MDR-Anforderungen geht.
Die Anforderungen zum QM-System bei Importeuren und Händlern sind neu, Benannte Stellen knapp und ausgelastet und ebenfalls mit den “neuen” Regularien konfrontiert. Um schnell und abweichungsfrei ein Audit zu bestehen, sind Importeure und Händler daher gut beraten, sich mit den Inhalten des Artikels 16 MDR auseinanderzusetzen und den Empfehlungen der MDCG im Hinblick auf die Implementation und den Umfang eines Qualitätsmanagementsystems zu folgen. Gleiches gilt für die Aufnahme der – aus Sicht der MDCG – besonderes relevanten Informationspflichten bzw. Vor-Ort-Audit-Option in den Verträgen mit Herstellern und Benannten Stellen.
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