Nachdem durch den weltweiten Ausbruch von COVID-19 die Nachfrage nach medizinischer Schutzausrüstung drastisch gestiegen ist und künftig weiter zunehmen dürfte, zeichnen sich auch innerhalb der Europäischen Union erste Versorgungsengpässe mit den genannten Produkten ab.
Um einer möglichen kritischen Situation vorzubeugen, sah sich die Kommission gezwungen, unverzüglich die nun vorerst für sechs Wochen befristeten Maßnahmen zu ergreifen. Dies nicht zuletzt, da einige die EU traditionell beliefernde Drittländer bereits offiziell beschlossen oder informell abgestimmt haben, die Ausfuhr von relevanter Schutzausrüstung zu beschränken.
Gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2020/402 muss ab sofort für den Export der folgenden Produkte eine Ausfuhrgenehmigung eingeholt werden:
- Schutzbrillen und Visiere
- Gesichtsschutzschilde
- Mund-Nasen-Schutzausrüstung
- Schutzkleidung
- Handschuhe
Der Export ohne eine Ausfuhrgenehmigung ist untersagt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Produkte ihren Ursprung in der Europäischen Union haben oder nicht.
Die zuständigen Behörden sind angehalten, eine Entscheidung über die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung so schnell wie möglich, spätestens jedoch nach fünf Tagen zu fällen, nachdem ihr alle erforderlichen Angaben vorliegen. Eine Verlängerung der Frist um weitere fünf Tage ist in Ausnahmefällen und aus hinreichend gerechtfertigten Gründen möglich.
Sollten sich die Produkte in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen befinden, in dem der Antrag auf die Ausfuhrgenehmigung gestellt wurde, ist dieser Mitgliedstaat zwingend zu konsultieren. Der konsultierte Mitgliedstaat teilt innerhalb von zehn Arbeitstagen etwaige Einwände mit, die für den antragsbearbeitenden Mitgliedstaat bindend sind. In Summe ergibt sich somit eine theoretisch maximale Bearbeitungsdauer eines Antrages einer Ausfuhrgenehmigung von 20 Tagen.
Trotz der zwingend notwendigen Ausfuhrgenehmigung handelt es sich bei den Maßnahmen laut der Kommission explizit nicht um ein generelles Exportverbot. Solange das übergeordnete Ziel der Maßnahmen, nämlich die Verfügbarkeit von PSA auf dem Markt des betreffenden Mitgliedstaats oder anderswo in der Union nicht zu gefährden, sichergestellt ist oder die Ausfuhr einem der in Artikel 2 Absatz 3 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/402 genannten Zwecke dient, können die notwendigen Ausfuhrgenehmigungen im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates erteilt werden.
Nicht betroffen von der zuvor genannten Maßnahme sind sowohl der Import in die Union (vgl. unsere News zur entsprechenden Empfehlung der Kommission) als auch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Union. Hierunter fällt auch der Handel mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland gemäß Abschnitt 4.2 der Leitlinien der Kommission (2020/C 91 I/02) sowie den EFTA-Staaten, den in Anhang II des Vertrages genannten Ländern sowie Färöer, Andorra, San Marino und Vatikanstadt gemäß Artikel 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/426.
Praxishinweise
Einheitliche Vorgaben sowie eine Ausnahme des EU-Binnenmarktes dürften für die Praxis eine erhebliche Erleichterung und ein höheres Maß an Sicherheit bedeuten. So hat beispielsweise das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie seine Anordnung vom 12.03.2020 als Reaktion auf die europäischen Maßnahmen am 19.03.2020 wieder aufgehoben (BAnz AT 19.03.2020 B11).
Eine Liste der zuständigen Behörden soll auf der Website der Generaldirektion Handel zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten sollten hierzu bis 20.03.2020, 24 Uhr, die Kontaktdaten der jeweils zuständigen Behörden an die Kommission senden.
Sollte eine notwendige Ausfuhrgenehmigung tatsächlich nicht erteilt werden und sollten hierdurch etwaige Lieferverpflichtungen nicht erfüllt werden können, so kommt es schließlich entscheidend auf die vertragliche Lieferbeziehung und die etwaige Berücksichtigung von Incoterms an. Einen Überblick über die relevanten Aspekte geben wir hier.
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