Man­gel ist nicht gleich Mangel!

Die Impli­ka­tio­nen der Waren­kauf­richt­li­nie für das Kaufvertragsrecht

Ste­ti­ges Ziel der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on ist es, ins­be­son­de­re mit Blick auf den zuneh­mend wach­sen­den elek­tro­ni­schen Han­del mit Pro­duk­ten ein höhe­res Schutz­ni­veau für Ver­brau­cher zu schaf­fen. Die bis­her gel­ten­de Ver­brauchs­gü­ter­richt­li­nie 1999/44/EG gewähr­leis­tet laut der Kom­mis­si­on kei­nen aus­rei­chen­den Ver­brau­cher­schutz mehr. Vor die­sem Hin­ter­grund wur­den am 30.06.2021 die Umset­zungs­ge­set­ze  der Richt­li­nie (EU) 2019/771 über bestimm­te ver­trags­recht­li­che Aspek­te des Waren­kaufs (WKRL) und der Richt­li­nie (EU) 2019/770 über bestimm­te ver­trags­recht­li­che Aspek­te der Bereit­stel­lung digi­ta­ler Inhal­te und digi­ta­ler Dienst­leis­tun­gen (DIDRL)  ver­kün­det. Die­se füh­ren zu weit­rei­chen­den Ände­run­gen des all­ge­mei­nen Schuld­rechts und des Kauf­rechts für Ver­trä­ge ab dem 01.01.2022. Im Fol­gen­den wer­den die wich­tigs­ten Ände­run­gen durch die Umset­zung der WKRL sowie wich­ti­ge Hin­wei­se für die Pra­xis erläutert.

Neue­run­gen ab dem 01.01.2022

Zu den wich­tigs­ten Ände­run­gen gehö­ren zum einen die Ände­rung des Sach­man­gel­be­griffs (§ 434 BGB) und zum ande­ren die Erwei­te­rung der Ver­brau­cher­rech­te (§§ 474 ff. BGB).

Der­zeit sind für die Bestim­mung eines Sach­man­gels vor­ran­gig die Par­tei­ver­ein­ba­run­gen, als die ver­ein­bar­ten Spe­zi­fi­ka­tio­nen der Kauf­sa­che, aus­schlag­ge­bend. Objek­ti­ve Kri­te­ri­en wie die Geeig­ne­t­heit zur gewöhn­li­chen Ver­wen­dung und das Vor­lie­gen der übli­chen Beschaf­fen­heit dür­fen erst nach­ran­gig und dann für die Prü­fung der Man­gel­haf­tig­keit her­an­ge­zo­gen wer­den, wenn kei­ne ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung vor­liegt. Die neue Fas­sung des Sach­man­gel­be­griffs sieht nun vor, dass Pro­duk­te erst dann als man­gel­frei gel­ten, wenn sie den sub­jek­ti­ven Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en ent­spre­chen und dar­über hin­aus objek­tiv zu bestim­men­de Vor­aus­set­zun­gen kumu­la­tiv erfüllt sind. Die­se Erwei­te­rung des Sach­man­gel­be­griffs hat zur Fol­ge, dass ein Pro­dukt, wel­ches die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Beschaf­fen­heit auf­weist, den­noch man­gel­haft ist, wenn es sich nicht auch für die gewöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und nicht die übli­che Beschaf­fen­heit aufweist.

Dar­über hin­aus hat sich der Gesetz­ge­ber, anders als dies auf euro­päi­scher Ebe­ne gere­gelt ist, wei­ter­hin für einen ein­heit­li­chen Sach­man­gel­be­griff ent­schie­den. Dies bedeu­tet, dass der neue Sach­man­gel­be­griff unein­ge­schränkt für den B2C- und den B2B-Warenverkehr gilt.

Die­ser Sach­man­gel­be­griff gilt mit dem neu ein­ge­füg­ten § 475b BGB auch für Ware mit digi­ta­len Ele­men­ten. Dar­über hin­aus trifft den Ver­käu­fer von Waren mit digi­ta­len Ele­men­ten zukünf­tig eine Aktua­li­sie­rungs­pflicht, die er zur Gewähr­leis­tung der Man­gel­frei­heit sei­ner Ware eben­falls erfül­len muss. Dau­er und der Umfang der objek­ti­ven Aktua­li­sie­rungs­pflicht las­sen sich nicht ver­trag­lich ver­ein­ba­ren, son­dern wer­den eben­falls nach objek­ti­ven Kri­te­ri­en bestimmt. Maß­geb­lich ist, was ein Ver­brau­cher ver­nünf­ti­ger­wei­se unter Berück­sich­ti­gung der Umstän­de des Ver­tra­ges sowie nach Art und Zweck der Sache erwar­ten darf. Dar­über hin­aus­ge­hen­de Aktua­li­sie­rungs­pflich­ten kön­nen von den Ver­trags­par­tei­en indi­vi­du­ell ver­ein­bart werden.

Flan­kie­rend hier­zu hat der Gesetz­ge­ber zuguns­ten der Käu­fer die bis­her gemäß § 479 BGB gel­ten­de Beweis­last­um­kehr­re­ge­lung von sechs Mona­ten auf ein Jahr verlängert.

Hin­wei­se für die Praxis

Die Umset­zung der Waren­kauf­richt­li­nie in deut­sches Ver­trags­recht wirkt sich ab dem 01.01.2022 nicht nur auf den B2C-Warenverkehr aus. Her­stel­ler soll­ten sich daher recht­zei­tig infor­mie­ren, wel­che Spe­zi­fi­ka­tio­nen auch unter objek­ti­ven Gesichts­punk­ten für ihre Pro­duk­te zutref­fen, und dies in Ent­wick­lung und Pro­duk­ti­on berück­sich­ti­gen. Auf ver­trag­li­cher Ebe­ne wird ein Augen­merk auf die Absi­che­rung von Regress­mög­lich­kei­ten ent­lang der Lie­fer­ket­te zu legen sein, was gera­de mit Blick auf die objek­ti­ve Feh­ler­be­stim­mung eine Her­aus­for­de­rung dar­stel­len wird.

Über die Impli­ka­tio­nen der Umset­zung der DIDRL wer­den wir geson­dert berichten.

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