Am Mittwoch forderte die legislative Entschließung des Europäischen Parlaments die Annahme eines Richtlinien-Entwurfes (PDF) zur Etablierung einer umfassenden Unternehmenshaftung bei Verletzung von Menschenrechten, Umweltstandards und Vorschriften zur Unternehmensführung. Die Pressemitteilung des Europäischen Parlaments in diesem Zusammenhang ist insoweit hinsichtlich der Formulierung „verbindlichen EU-Gesetzes“ irreführend. Eine Haftung wird darüber hinaus für die Fälle gefordert, in denen lediglich zu einer Verletzung von Menschenrechten und Umweltstandards beigetragen wird. Exkulpationsmöglichkeiten für Unternehmen sollen nur vorgesehen sein, soweit diese nachweisen können, dass sie im Einklang mit denen ihnen auferlegten Sorgfaltspflichten gehandelt und zur Vermeidung einer Schädigung alle angemessenen Maßnahmen ergriffen haben.
Die geplante Richtlinie geht damit über den deutschen Entwurf zum Gesetz über die Sorgfaltspflichten in Lieferketten hinaus, welcher erst kürzlich gefasst wurde und noch während der aktuellen Legislaturperiode im Bundestag zur Abstimmung gebracht werden soll. Der deutsche Entwurf verzichtet darüber hinaus auf eine Schadensersatzhaftung der Unternehmen.
Unionsrechtliches Ziel
Die Verletzung von Menschenrechten stellt ein internationales Problem dar. Nachdem in der Vergangenheit freiwillige Ansätze gescheitert sind, ist nun ein europäisches Rahmenwerk geplant. Die neue Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen soll laut der Berichterstatterin Lara Wolter (S&D, Niederlande) einen neuen Standard für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln in Europa und darüber hinaus setzen.
Geplante Eckpunkte der neuen EU-Richtlinie
Bereits bekannte Eckpunkte der EU-Richtlinie lassen folgendes erkennen:
- Der Anwendungsbereich soll auch Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU betreffen, indem die Einhaltung des Gesetzes Voraussetzung für den Zugang zum EU-Binnenmarkt sein soll. Hierauf basierend sollen Einfuhrverbote von Produkten oder Dienstleistungen ausgesprochen werden können, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen wie Zwangs- oder Kinderarbeit in Verbindung stehen.
- Es soll weniger Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen geben. Betroffen sollen hiervon unabhängig von der Mitarbeiterzahl vor allem auch Betriebe mit „hohem Risiko“ sein.
- Das Gesetz soll den Zugang zu Rechtsmitteln für Geschädigte garantieren. Geschädigte sollen so eigene Ansprüche gegen Unternehmen geltend machen können. Dies soll auch Geschädigte außerhalb der EU gelten.
Fazit
Der EU-Justizkommissar hat bereits einen entsprechenden Vorschlag für Juli 2021 angekündigt. Mit Umsetzung der angekündigten Maßnahmen würden sich die Verpflichtungen der Unternehmen weiter verschärfen. Besonders betroffen davon sind Unternehmen mit hochkomplexen Wertschöpfungsketten. Internationale, aber auch nationale Unternehmen stehen so vor neuen Herausforderungen. Die angedachten neuen Haftungsmöglichkeiten von Unternehmen machen eine genaue Überprüfung der unternehmenszugehörigen Wertschöpfungsketten unabdingbar.
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