Der am 17. November 2021 von der Europäischen Kommission vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Risikorohstoffe und ‑erzeugnisse, die in Verbindung mit Entwaldung und Waldschädigung stehen, verbietet zukünftig die Bereitstellung von Holz, Ölpalmen, Soja, Kakao, Kaffee und Rindern sowie daraus hergestellter Erzeugnisse wie etwa Leder, Möbel, Palmöl oder Schokolade, wenn sie nicht aus entwaldungsfreien Lieferketten stammen. In diesem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe dieser europäischen Gesetzesinitiative, stellen die Kernregelungsgehalte dar und weisen auf die rechtlichen Implikationen für Unternehmen hin.
Zur Verwirklichung ihrer Strategie, die EU-Wirtschaft nachhaltiger und klimaneutral zu gestalten (Green Deal), und in Reaktion auf den steigenden Verlust und die Schädigung von Wald durch die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen für die Erzeugung von bestimmten Rohstoffen hat die Europäische Kommission im November 2021 den Vorschlag einer Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse gemacht, deren Produktion in der Regel auf Entwaldung und Waldschädigung beruht. Anders als dies zum Beispiel bei der Regulierung von Sorgfaltspflichten zur Achtung von Menschenrechten entlang der Lieferkette der Fall ist (wir berichteten), hat sich die Kommission für die Regulierung im Wege einer Verordnung entschieden, die ihren Regelungsgehalt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten entfalten und so für ein Höchstmaß an Harmonisierung sorgen würde. Ziel dieser Verordnung soll es sein, den Verbrauch von und den Handel mit bestimmten Rohstoffen und Produkten, die nicht zu Entwaldung und Waldschädigung führen, zu fördern und auf diesem Weg zum Erhalt der biologischen Vielfalt beizutragen.
Anwendungsbereich & Kernregelungen
Der Verordnungsentwurf reguliert bislang sechs Risikorohstoffe, die als maßgeblich verantwortlich für die Abholzung und Schädigung bestehender Urwälder verantwortlich gemacht wurden: Kaffee, Kakao, Ölpalmen, Soja, Rinder und Holz (sogenannte „relevante Rohstoffe“). Darüber hinaus werden auch Erzeugnisse erfasst, die relevante Rohstoffe enthalten, mit diesen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden (sogenannte „relevante Erzeugnisse“). Beispielhaft zu nennen sind Produkte wie Möbel, Leder oder Schokolade. Andere Rohstoffe wie Zucker, Mais und Kautschuk wurden trotz vergleichbarer Effekte auf die weltweite Abholzung nicht vom Verordnungsentwurf erfasst. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung soll die derzeit gültige Verordnung (EU) Nr. 995/2010 (European Timber Regulation – EUTR), die ausschließlich die Legalität von Holz- und Holzprodukten reguliert, aufgehoben werden.
Im Kern verbietet die vorgeschlagene Verordnung den Handel mit relevanten Rohstoffen und Erzeugnissen, wenn diese nicht entwaldungsfrei und nicht legal gewonnen wurden und keine so genannte Sorgfaltserklärung vorliegt. Im Gleichlauf mit den Vorgaben der EUTR trifft Marktteilnehmer die Pflicht zur Implementierung einer systematischen Due Diligence (DDS), um das mit der Bereitstellung verbundene Risiko auf ein vernachlässigbares Maß zu reduzieren. In diesem dreistufigen System müssen Marktteilnehmer Informationen über die Entwaldungsfreiheit und Legalität der Rohstoffe entlang der Lieferkette sammeln, erkannte Risiken bewerten und soweit erforderlich geeignete Risikominderungsverfahren umsetzen. Als Ausfluss dieser DDS müssen Marktteilnehmer gegenüber den zuständigen Behörden sodann erklären, dass die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse im Einklang mit den Vorgaben der Verordnung gewonnen wurden. Händler von relevanten Rohstoffen und Erzeugnissen treffen parallel zu den derzeitigen Vorgaben der EUTR vor allem Informations- und Dokumentationspflichten.
Neu vorgesehen ist ein von der Kommission errichtetes Informationssystem in Form eines Registers, in welchem Händler und Marktteilnehmer (nebst Registrierungsnummer) sowie deren Sorgfaltspflichterklärungen registriert werden sollen.
Hinweise für die Praxis
Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich derzeit im Stadium der ersten Lesung und folglich noch am Anfang. Es bleibt daher abzuwarten, wann und ggf. mit welchen Änderungen der Entwurf nach weiterer Beratung im Europäischen Parlament beschlossen wird. Denkbar ist derzeit noch, dass zum Beispiel der Anwendungsbereich der Verordnung um zusätzliche Rohstoffe wie zum Beispiel Mais, Zucker und Kautschuk und deren Erzeugnisse erweitert werden könnte.
Fest steht jedoch, dass die Verordnung kommen wird, da es sich hierbei um einen weiteren entscheidenden Eckpfeiler im Kampf der EU gegen illegal gewonnene Rohstoffe und auf Umwelt- und Menschenrechtverstößen basierend hergestellte Produkte handelt. Betroffene Unternehmen sind daher gut beraten, bereits jetzt personelle und finanzielle Ressourcen für die sehr zeitaufwändigen Prozesse abzustellen, die zur Umsetzung der Vorgaben dieser neuen Verordnung erforderlich sein werden. Wir werden weiter berichten.
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