Am 01.06.2023 hat das Europäische Parlament den Beschluss zur EU-Lieferkettenrichtlinie veröffentlicht
Am 1. Juni 2023 veröffentlichte das EU-Parlament seinen Beschluss zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive. Während sich deutsche Unternehmen mit der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) beschäftigen, nimmt die europäische Richtlinie zu Lieferkettensorgfaltspflichten somit konkretere Formen an. Da sich die Systematiken beider Rechtsakte ähneln, bietet es sich an, die Entwicklungen zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) der EU bereits bei der Umsetzung zu berücksichtigen (wir berichteten). Obwohl sich die CSDDD noch im Entwurfsstadium befindet, sind im Vergleich zum LkSG wesentliche Unterschiede bei den Anforderungen absehbar.
Schrittweise Erweiterung des Anwendungsbereichs
Während der Anwendungsbereich des LkSG ausschließlich an die Mitarbeitendenzahl anknüpft, verbindet die CSDDD dieses Kriterium mit den Mindestumsätzen des Unternehmens. Schrittweise werden die maßgeblichen Schwellenwerte für die Mitarbeitendenzahlen und den Netto-Umsatz reduziert, bis nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie in der EU ansässige Unternehmen mit 250 Mitarbeitenden und einem weltweiten Nettoumsatz von 40 Mio. Euro verpflichtet wären. Für Unternehmen aus Drittstaaten soll der Grenzwert bei einem weltweiten Nettoumsatz von 150 Mio. Euro liegen, wovon 40 Mio. in der EU erzielt werden müssten.
Die im Kommissionsentwurf vorgesehene Sonderregelung, wonach für Unternehmen, die in bestimmten Risikosektoren tätig sind, geringere Schwellenwerte gelten sollten, wurde gestrichen. Stattdessen soll die Erwartungshaltung an die Umsetzung von Sorgfaltspflichten für diese Unternehmen in Leitlinien konkret definiert werden.
Unterschiedslose und effektive Risikominimierung gefordert
Die Reduktion von Treibhausgasen, der Schutz von Gewässern und Meeren sowie der Tier- und Artenschutz sind nur einige der zusätzlich zu berücksichtigenden umweltrechtlichen Belange. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Klimaschutz gelten: Unternehmen sollen verpflichtet werden, eine Strategie zu entwickeln und umzusetzen, die eine Erfüllung der europäischen Klimaziele ermöglicht und deren Erfüllungsgrad sich auf die Vergütung der Unternehmensleitung auswirken soll. Die geschützten Menschenrechte umfassen auch Minderheiten und indigene Völker; letzteren ist ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht bei unternehmerischen Tätigkeiten einzuräumen, die Auswirkungen auf den Lebensraum solcher Bevölkerungsgruppen haben.
Der gesamte Geschäftsbetrieb soll fortlaufend auf Risikominimierung ausgerichtet sein. Dabei ist im Gegensatz zum LkSG weder eine substantiierte Kenntnis von Risiken noch die Einflussmöglichkeit auf (mittelbare) Zulieferer entscheidend. Stattdessen rückt die Effektivität der Maßnahmen in den Fokus. Eine enge Zusammenarbeit entlang der Lieferkette wird ebenso gefordert wie das Vorbeugen (Investitionen und Unterstützung von KMU) und das Beseitigen der Folgen von Verstößen (Schadensersatz und Wiederaufbau).
Haftung, Bußgeld und Sanktionen
Hinsichtlich der Rechtsfolgen ist eine deutliche Verschärfung erkennbar. Der Höchstsatz möglicher Bußgelder soll bis zu 5% des Jahreskonzernumsatzes betragen. Zudem ist eine zivilrechtliche Haftung für Schäden infolge von (vermeidbaren) Verstößen gegen Sorgfaltspflichten vorgesehen – dabei sollen Unternehmen die Beweislast tragen, dass sie ihre Pflichten erfüllt haben. Solche Ansprüche können nicht nur Betroffene selbst, sondern im Wege einer Prozessstandschaft auch Interessenvertreter (NGOs, Gewerkschaften) geltend machen. Schließlich sind auch weitere Sanktionen vorgesehen, etwa der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren sowie Marktzugangs- und Handelsverbote.
Fazit
Noch in diesem Sommer soll die finale Fassung der Richtlinie im Trilog erarbeitet werden. Dann wird sich zeigen, welche der ehrgeizigen Erwartungen als Pflichten in nationales Recht umgesetzt werden müssen und voraussichtlich ab 2026 in Kraft treten.
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